Flusslandschaft 1958

StudentInnen

Im März treten die Studierenden des Deutschen Instituts für Film und Fernsehen (DIFF) in Streik. Sie lehnen den neuen Direktor, einen Betriebswirtschaftler der Technischen Hochschule (TH), und die Umwandlung des Instituts in eine Akademie ab.

Am 20. Mai demonstrieren 3.500 Studentinnen und Studenten der Ludwig-Maximilians-Universität, der Technischen Hochschule und der Akademie der Bildenden Künste gegen die Atombewaffnung der Bundeswehr.1 Ihrem Aufruf haben sich sechzig Professoren angeschlossen. Auf Schildern ist zu lesen: „Si vis pacem, para pacem“, „Dulcissime et decorum est pro USA patriamque mori atomariter“, „7 ‚Moral’Theologen, darunter die Herren Egenter und Monzel der Universität München: ‚Anwendung von Atomwaffen nicht unbedingt Sünde’ und Wer reinigt diesmal die Tempel?“ Erika Runge hält die Eröffnungsrede auf dem Geschwister-Scholl-Platz. Nach ihr sprechen Prof. Alfred Faeßler, Erich Kästner und Prof. Alexander Graf Schenk von Stauffenberg. Dann folgt ein Schweigemarsch durch Schwabing. Am Kißkaltplatz kommt es zu einem Handgemenge zwischen Polizei und Studenten. Uniformierte entreißen den Studenten ihre Plakate, werfen sie auf den Boden und trampeln darauf herum. Ein Student wird am Kopf verletzt. – Offenbar gelten diese Ereignisse als Ausnahmen. Die vorherrschende Meinung über die Studierenden gibt der Soziologe Helmut Schelsky wieder: „Aber was sich auch ereignen mag, diese Generation wird nie revolutionär, in flammender kollektiver Leidenschaft auf die Dinge reagieren. Sie trägt kein Bedürfnis in sich, elitäre Gemeinschaften zu stiften oder Ordnungsprinzipien zu verwirklichen. Sie wird alles Kollektive ablehnen, ohne daraus ein Gegenprogramm zu machen.“2


1 Fotos: Stadtarchiv Standort ZB-Ereignisfotografie-Politik-Demonstrationen.

2 Helmut Schelsky, Die skeptische Generation, Düsseldorf/Köln 1958, 488 f.