Flusslandschaft 1961

KPD

Bundesinnenminister Schröder nennt am 10. Februar als „kommunistische Tarn- und Hilfsorgani-
sationen“ den Weltfriedensrat, das Friedenskomitee der Bundesrepublik Deutschland, die West-
deutsche Frauenfriedensbewegung
, die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), die Fédération Internationale des Résistants (FIR), den Bund der Deutschen (BdD), den Deutschen Klub 1954, den Demokratischen Kulturbund Deutschlands, den Fränkischen Kreis, die Aktions-
gemeinschaft gegen die atomare Aufrüstung der Bundesrepublik
, den Schwelmer Kreis, die Ver-
einigung unabhängiger Sozialisten
, den Deutschen Jugendring, die Arbeitsgemeinschaft Frohe Ferien für alle Kinder und „gewisse KZ-Lagergemeinschaften“ (Auschwitz, Buchenwald etc.). „Kommunistische Tarnzeitungen oder Tarnzeitschriften“ sind für ihn Die Andere Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, die Wochenzeitung Blick in die Zeit, die Deutsche Volks-
zeitung
, die Deutsche Woche, die Studentenzeitung konkret, die Jugendzeitschrift Elan, die Sozia-
listische Korrespondenz
, Die Tat (VVN), das Münchner Vertriebenen-Echo und die Hamburger Wochenzeitung Dat Blinkfüer.

Am 6. Juli wird Oskar Neumann, der mit falschen Papieren in die BRD eingereist ist, gemeinsam mit dem ehemaligen Bremer KPD-Bürgerschaftsabgeordneten Hermann Gautier in der Nähe einer Autobahnraststätte festgenommen.

Kommunistische Einzelkandidaten oder Wählervereinigungen versuchen zur kommenden Bundes-
tagswahl anzutreten. Die Innenminister der Länder weisen im Frühherbst 1961 die Wahlausschüs-
se an, diese Anträge abschlägig zu bescheiden. 1962 und 1963 werden gegen fünfunddreißig Wahl-
bewerber Strafverfahren vor den Landgerichten Düsseldorf, Dortmund, Flensburg, Lüneburg, Ol-
denburg, Saarbrücken, Koblenz, Bremen und München durchgeführt. Wegen Fortführung der ver-
botenen KPD werden sie zu mehrmonatigen Gefängnisstrafen bzw. Höchststrafen bis zu zwanzig Monaten verurteilt.

Lilo Schneider veröffentlichte in Wissen und Tat 2-3/1953, dem theoretischen Organ des KPD-Par-
teivorstands einen Artikel mit der Überschrift „Einige Lehren für die Arbeiterschaft Westdeutsch-
lands aus Lenins Werk ‚Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution’“ Darin sprach sie auch vom „Sturz des Adenauer-Regimes“. Im Dezember 1954 erhielt sie die Ankla-
geschrift wegen „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“. Sie tauchte unter, lande-
te im Fahndungsbuch, wurde polizeilich gesucht. Nach sieben Jahren, am 12. Juni 1961, kommt es zum Prozess vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf. Das Urteil: 1 Jahr Gefängnis wegen Vorbe-
reitung zum Hochverrat.

Der Bundesgerichtshof am 18. September: „… daher macht sich strafbar, wer deren (der Partei) Nah-, Teil- oder Endziele ganz oder teilweise, offen oder geheim, auf örtlicher oder überörtlicher Ebene, allein oder mit anderen weiterverfolgt der weiterverfolgen will …“1

(zuletzt geändert am 9.1.2021)


1 Zit. in: Hans-E. Schmitt-Lermann, Vorträge zur Geschichte der KPD nach 1945, Marburg 2019, 44 f.