Materialien 1980
Betrifft: Fehlplanung beim BR wird teuer
In Heft 9/1980 erwähnen Sie auf Seite 31 eine Pressemitteilung, mit der sich der Verband Bayern gegen Einsparungen beim Bayerischen Rundfunk gewandt hat, und schreiben über diese Informa-
tion „Fehlplanung beim BR wird teuer“.
Das, meine ich, ist allzu starker Tobak. Erlauben Sie mir den simplen Sachverhalt darzustellen:
Seit vielen Jahren bemüht sich der BR erfolgreich, im Ist eines Geschäftsjahrs ein besseres Er-
gebnis zu erzielen als es das Soll im genehmigten Wirtschaftsplan vorsieht. Unser Ziel war und ist es, bei der Durchführung des Wirtschaftsplans durch gezielte Maßnahmen die Ansätze im Ertrags-
plan um 1% zu überschreiten und im Aufwandsplan um 1% zu unterschreiten. Bei einem 590-Milli-
onen-Etat ist das im Jahr eine Verbesserung um 11,8 Millionen, jeweils 5,9 Millionen auf der Er-
trags- und auf der Aufwandsseite. Das haben wir bis 1979 seit Jahren erreicht und das wollen wir auch 1980 erreichen. Um dieses Ziel sicherzustellen, hat der Intendant fiir 1980 verfügt, daß die Ansätze in den Kostenplänen des Hörfunks und Fernsehens – in der Disposition der Programm-
verantwortlichen – jeweils um 1% unterschritten werden sollen. (Übrigens: In Technik und Ver-
waltung hin bis zu Intendanz, Rundfunkrat und Verwaltungsrat sind die Einsparquoten 1,5 – 4%!)
Bei allem Verständnis für Ihre – uns gemeinsame – Fürsorge für feste und freie Mitarbeiter ver-
mag ich eines nicht einzusehen: Wie kann eine gezielte Planungsmaßnahme von einem Prozent im Jahr, die in Übereinstimmung der Geschäftsleitung mit den Organen, im Interesse des Bayerischen Rundfunks und damit zum Nutzen der Mitarbeiter erfolgreich praktiziert wird und in den vergan-
genen 5 Jahren mehr als 50 Millionen Einsparung gebracht hat, wie also kann eine solche seit eh-
undjeh mit Erfolg praktizierte Planungsmaßnahme eine „Fehlplanung“ sein – und noch dazu eine „Fehlplanung, die teuer wird“? Doch wohl nicht deshalb, weil wir u.a. 18 Millionen aus der Einspa-
rung dem Deckungsstock für die Altersversorgung der Mitarbeiter zugeführt haben!
O. Maier, Yerwaltungsdirektor des Bayerischen Rundfunks
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Tja, Herr Maier, wir halten Einsparung für gut und notwendig. Aber Einsparung ist nicht gleich Einsparung.
Wenn der Rundfunkratsvorsitzende auf seinen Geschäftsführer verzichtet und damit sparen hilft, ist das gut.
Wenn die Verwaltung mittels moderner Technologien die anwachsenden Papierberge kostengüns-
tiger bewältigt, auch gut.
Wenn Rundfunkratsmitglieder weniger Programme selber machen und das den hauptberuflichen festen und freien Mitarbeitern überlassen, hervorragend.
Wenn in der Produktion für die Mitarbeiter frustrierende Wartezeiten durch verbesserte Organi-
sation entfallen, sehr gut.
Das spart ja alles.
Wenn aber Wortbeiträge eingespart werden, selbstproduzierte Features oder Unterhaltungssen-
dungen, von Autoren, Journalisten, Regisseuren, Schauspielern, Kameraleuten, Cuttern, Ton-
technikern selbstgefertigte Produktionen, dann geht’s ans Eingemachte. Dann fangen wir an, uns die Substanz, von der wir leben, vom Leibe abzusparen. Um im Bilde zu bleiben: Man kann und soll überflüssige Fettpölsterchen abmagern, aber die lebenswichtigen Eiweißreserven müssen unangetastet bleiben, denn sonst werden Schäden an der Substanz hervorgerufen.
Und wenn auch nur mehrere Hunderttausend DM an Autorenhonoraren eingespart werden – bleibt es dabei? –, dann trifft das nicht nur die Existenzgrundlage von 30, 50 oder mehr Freien Mitarbeitern, durch die Entwicklung ist eine Verschlechterung der Programmqualität eine zwangsläufige Folge.
Jochen Kölsch,
Verband Bayern
HFF. Hörfunk, Fernsehen, Film. Zeitschrift der Rundfunk-Fernseh-Film-Union (RFFU) in der Gewerkschaft Kunst (GK) im DGB 11 vom November 1980, 4.