Flusslandschaft 1993

Medien

„Bayerische Strafaktion gegen die AZ — Am 6. Mai musste sich der Verlag der Münchner Abendzeitung (AZ) den Zugang zur Einweihungsfeier für die umstrittene neue Staatskanzlei (‚Villa Streibl’) am Hofgarten gerichtlich freikämpfen. Redakteur Peter M. Bode war ein paar Tage vor der Schlüsselübergabe ungehindert in dem Neubau gewesen und hatte – freilich ohne Erlaubnis der Hohen Herren – darüber nebst Fotos berichtet. Weil er sich also nach Auffassung der Regierung ‚auf kriminelle Art und Weise’ Zugang verschafft hätte, sollte er zur Strafe nicht eingeladen werden. Das Verwaltungsgericht sah das freilich anders. Per einstweiliger Verfügung (gegen die Streibl vergeblich Einspruch einlegte) verpflichtete es die Staatskanzlei, Bode zuzulassen: Die Pressefreiheit sei ein höheres Gut als das Hausrecht des Regierungschefs. Doppeltes Pech für Streibl – inzwischen musste er selbst seine ‚Villa’ räumen.“1

Krauss-Maffei bleibt sauber — Je ziviler die Produktion wird, desto unzivilisierter geht die ehemalige Panzerschmiede Krauss-Maffei mit der Presse um. Während METALL 1981 ohne Komplikationen die Montage der Leopard-Panzer und den Lok-Bau ablichten durfte, wurde der gleiche Wunsch in diesem Jahr von der Pressestelle nach der Art von Radio Eriwan beantwortet: Im Prinzip ja, aber … Die Abteilung ,Wehrtechnik’ müsse leider ausgeklammert werden, beschied die Abteilung ,Presse und PR’ mit Datum vom 5. Juli, und für den erfolgreich ausgebauten zivilen Bereich sei die ,Erteilung der Fotoerlaubnis von der Einhaltung nachstehender Punkte abhängig’: Erstens: ,Es werden nur solche Arbeitsplätze aufgenommen, die der Sie begleitende Mitarbeiter unseres Hauses freigibt.’ Viertens sei auf die Sicherheitsvorschriften zu achten, ,ebenso auf ein sauberes Umfeld des Arbeitsplatzes und saubere Arbeitskleidung des Mitarbeiters. Arbeitsmäntel werden von uns bereitgehalten.’ Fünftens: ,Aufnahmen mit Bartträgern sind nicht erwünscht.’ Alsdann noch, falls die Sicherungen 1 bis 5 durchbrennen, sechstens: ,Alle Aufnahmen sind uns zur Freigabe vorzulegen. Nicht freigegebene Negative sind zu vernichten.’ Nach soviel unfreiwilliger Satire der Pressestelle ließ METALL-Fotograf Werner Bachmeier ,als Bartträger, der das Image von Krauss-Maffei nicht beeinträchtigen möchte’, von seinem Wunsch ab. Wer sich an den Negativen vergreift, wird wenig Positives über ein Unternehmen in der Zeitung finden. Und so sieht dann Krauss-Maffei trotz der löblichen Hinwendung zu zivilen Produkten in METALL weiterhin ganz alt aus – mit Archiv-Fotos von 1981 , die inzwischen schon einen Bart haben.“2


1 Publizistik & Kunst. Zeitschrift der IG Medien 9 vom September 1993, 39.

2 Metall. Zeitung der Industriegewerkschaft Metall 15 vom 23. Juli 1993, 6.

Überraschung

Jahr: 1993
Bereich: Medien

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