Materialien 1978

Ein Geier – für Maier

Am 29. Mai sprach Kultusminister Maier auf einer CSU- Wahlkampfveranstaltung in Laim im Pfarrhaus „12 Apostel“ zum Thema Bildungspolitik.

In seinem Referat wies er – wie immer – auf die herausragende Stellung der bayrischen Abiturien-
ten im Vergleich zur übrigen BRD und zur gesamten Welt hin. Daß dies den Haupt-, Realschülern und Gymnasiasten nichts nützt, sondern sie in den durchschnittlich größten Klassen ( 30,7 Schüler pro Klasse) der BRD sitzen müssen, schien für Herrn Prof. Maier belanglos. So gibt es z.B. am Lud-
wigsgymnasium an der Fürstenriederstraße eine Anzahl von Klassen der Unterstufe, deren Klas-
senstärken 40 und mehr betragen.

Klassenstärke 40 – 2.000 arbeitslose Lehrer

Davon, daß überall Lehrer fehlen, obwohl in Bayern ca. 2.000 Lehrer arbeitslos sind, und die Schulen bei weitem unzureichend mit Büchern und anderen Materialien ausgestattet sind, sprach der Minister nicht. Es ist keine Seltenheit, wenn Schüler der Oberstufe 200 DM zusätzlich ausge-
ben müssen.

Weiterhin bezeichnete Maier die Bildung als ein sehr hohes Gut, um das möglichst stark konkur-
riert werden sollte. Das heißt auf gutbayrisch, daß nicht jeder eine gute Bildung erhalten soll.

40 – 50% aller derer, die ein Gymnasium besuchen, gehen auch vorzeitig wieder ab.

In der Diskussion sah sich Herr Maier auf die Frage, ob man nicht die Zulassungsbestimmungen zum Gymnasium verschärfen könne, in der verteidigenden Position, da er nach eigenen Worten dann möglicherweise auf den Widerstand einzelner Parteigenossen treffen würde. Prinzipiell lehnte er diesen Vorschlag nicht ab.

Dann überreichte die Landesschülervertretung, die die demokratisch gewählte und legitimierte Schülervertretung in Bayern ist, Herrn Maier eine Urkunde für seine bisher vollbrachten Taten: Kürzung der Musischen Fächer, Einführung der viel umstrittenen Kollegstufe, Beibehaltung überfüllter Klassen, Nichteinstellung arbeitsloser Lehrer. Als Auszeichnung erhielt er den Bil-
dungsgeier.

Gesamtschule war ein weiteres Thema der Veranstaltung. Sie sei nicht schlechter, aber auch nicht besser als das bisherige dreigegliederte Schulwesen, behauptete der Minister. Aber allein die Tat-
sache, daß der Anteil derer, die den qualifizierten Hauptschulabschluß schaffen, bei den Gesamt-
schülern fast um ein Drittel höher liegt als bei den Hauptschülern, beweist das Gegenteil.

Eine gelungene Veranstaltung für die CSU? Aber bestimmt keine für die betroffenen Lehrer, Eltern und SchüIer.

Heinz Einwang


„Ah, das ist also der Lehrerberg?“
„Ja, wir sind alle stolz auf ihn.“
„Aber das sind doch Schulkinder.“
„Ja, sag ich doch; das ist unser Herr Lehrer Berg mit seinen 58 Erstkläßlern.“


Der scharfe Radi. Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei – DKP für Laim, Hadern und Westend vom Juli 78, 3, Sammlung Zingerl, Archiv der Münchner Arbeiterbewegung

Überraschung

Jahr: 1978
Bereich: SchülerInnen