Flusslandschaft 1952

Religion

„Kardinal Faulhaber, Münchner Ehrenbürger, und die übrigen Bischöfe trafen in dem politisch-katholischen Bruderzwist zwischen CSU und BP ihre Entscheidung immer deutlicher für die CSU. Der Kardinal starb, 84jährig, nachdem er den nach 18jähriger Pause 1952 wieder aufgeführten Oberammergauer Passionsspielen noch beigewohnt hatte, am Fronleichnamstag darauf. Seine Beisetzung gab Anlass zu einer öffentlichen Massenkundgebung des konservativen Katholizismus. Während des Grabgeleites zur Münchner Frauenkirche, in dem hinter 18 Bischöfen auch die CSU-Bundesminister sowie die sämtlich katholischen Minister der bayerischen Staatsregierung mitzogen, waren nach Schätzung 200.000 Menschen auf den Straßen …“1 — „Der bayerische Kardinal Michael von Faulhaber stirbt am 2. Juni in München; zwar hatte der von einem seiner Bischöfe als ‚Autokrat von „hoheitsvoller Kälte“’ bezeichnete katholische Kirchenobere sein Wort für getaufte Juden eingelegt, nicht jedoch den nationalsozialistischen Antisemitismus (geschweige den Antiziganismus) an sich kritisiert oder gar aktiv bekämpft, vielmehr seinen Klerus gehorsam dem NS-Regime unterstellt und Kontakte zum Widerstand entschieden abgelehnt; Loyalität Hitler und dessen Staat gegenüber, für ihn die ‚gottgesetzte’ Obrigkeit, galt ihm als höchstes Gebot; auch noch nach Ende der deutschen Diktatur gab der gebürtige Unterfranke durch seine Äußerungen (‚Man hat wochenlang Vertreter von amerikanischen Zeitungen und amerikanische Soldaten nach Dachau gebracht und die Schreckensbilder von dort in Lichtbildern und Filmen festgehalten, um der ganzen Welt bis zum letzten Negerdorf die Schmach und Schande des deutschen Volkes vor Augen zu stellen. Es wären nicht weniger schreckhafte Bilder, wenn man das furchtbare Elend, das durch die Angriffe britischer und amerikanischer Flieger über München und andere Städte kam … in einem Lichtbild oder Film hätte zusammenfassen können, wie das in Dachau geschehen ist.’) zu verstehen, dass er die Schwere der Verbrechen seiner Landsleute nicht erkannte oder nicht erkennen wollte.“2


1 Wolfgang Zorn, Bayerns Geschichte im 20. Jahrhundert. Von der Monarchie zum Bundesland, München 1986, 634 f.

2 Robert Schlickewitz, Sinti, Roma und Bayern. Kleine Chronik Bayerns und seiner „Zigeuner“, 2008, http://sintiromabayern.de/chronik.pdf, 119.