Materialien 1973
Der Giftschlauch muß endlich umgebaut werden!
Es ist jeden Tag dasselbe. Zur Zeit des Berufsverkehrs geht es um die Laimer Unterführung chao-
tisch zu. Vollgestopfte Autobusse quälen sich im Schrittempo, Fußgänger kämpfen sich durch Dreck- und Abgasschwaden, Autofahrer schwitzen nervös in ihren Käfigen.
Am Wochenende ist es nicht anders . Kilometerlange Autoschlangen stauen sich bis weit in die Fürstenrieder Straße. Fahrer und Insassen werden grantig. Die aus dem Hirschgarten heimkehren-
den Spaziergänger ersticken fast an den giftigen Abgasen. Die Wochenenderholung war für die Katz.
Der MVV schreibt in seiner Informationsschrift „Telegraf“ vom September, „Messungen ergaben, daß die Kohlenmonoxydkonzentration dort ein Maß erreicht hat, dass bereits ein Aufenthalt von wenigen Minuten gesundheitliche Schäden hervorrufen kann.“ Nicht zuletzt wegen der verpesteten Luft hat München die höchste Krebssterblichkeit in der Bundesrepublik. Der Giftschlauch von Laim ist ein Verbrechen an unserer Gesundheit!
Schon seit Jahrzehnten fordern deshalb die Laimer und Neuhausner Bürger immer wieder den Umbau der Unterführung. Für die Busse müßte in beiden Richtungen eine eigene Spur zur Ver-
fügung stehen, da die Massenverkehrsmittel in Zukunft immer wichtiger werden. Für die Fuß-
gänger und Radfahrer müßte ein separater Tunnel gebaut werden. In den Schubladen des Stadt-
bauamtes liegen seit Jahren fertige Pläne für den Ausbau der Unterführung. Aber die Verwirk-
lichung dieser Pläne wird in immer weitere Fernen verschoben. Vor 2 Jahren hieß es noch, die erste Rate solle ab 1974 zur Verfügung stehen. Inzwischen aber wurde das Projekt „Laimer Unter-
führung“ in die Dringlichkeitsstufe II zurückgestuft, und das kann nach Aussagen unserer Stadt-
räte noch 20 Jahre Wartezeit bedeuten.
Wir meinen, jetzt muß endlich Schluß sein mit solchen Vertröstungen. Wir meinen auch, das Geld für den Ausbau ist vorhanden.
Als sich die Amerikaner weigerten, die Straße durch das Gelände der Mc-Graw-Kaserne in Giesing frei zugeben, wurden fast 50 Mio. DM für eine sinnlose Unterführung lockergemacht. Das war vor drei Jahren. Wir aber werden seit 20 Jahren verschaukelt. Ist die Laimer Bevölkerung weniger wert als unsere „Verbündeten“?
Damit wir weiter still halten und geduldig warten, hat man uns jetzt ein kleines Trostpflästerchen angeboten. Wir dürfen nun zum Kindertarif durch den Tunnel fahren. Wenn schon eine Zwischen-
lösung, warum dann nicht den Nulltarif? Das fadenscheinige Argument des MVV gegen die kosten-
lose Beförderung lautet: Die Haftungsfrage für nichtzahlende Fahrgäste sei ungeklärt. Wir fragen, wie verhält es sich da bei anderen städtischen Verkehrsmitteln, für die man nicht zahlen muß, z.B. bei Rolltreppen, Fahrstühlen usw. wie sieht es da mit der Haftung aus?
Bei der 30-Pfennig-Lösung wird man den Eindruck nicht los, als ginge es hier einzig und allein darum, den Präzedenzfall des Nulltarifs zu vermeiden. Warum eigentlich? In einigen Nachbar-
ländern hat man damit schon gute Erfahrungen gemacht (z.B. Bologna/Itali en).
Unsere Forderungen an den Stadtrat lauten deshalb:
→ Das Projekt „Laimer Unterführung“ muß die Dringlichkeitsstufe I erhalten.
→ Als Sofortmaßnahme und Zwischenlösung muß die Busbeförderung durch die Unterführung kostenlos sein.
DKP Arbeitskreis Kommunalpolitik Laim vom November 1973, 2.