Materialien 1975

Abbau der Sozialleistungen – Familie Deckel stört den Betriebsfrieden

Kollegen, wir erinnern uns noch gut an die Worte von Herrn Vieregg, als er von der Wichtigkeit eines guten Betriebsklimas, Betriebsfrieden und ähnlichem sprach. Angesichts des Abbaus von Sozialleistungen bei uns kann man doch darauf nur antworten: Der Betriebsfrieden bei uns wird eindeutig von der Familie Deckel gestört.

Kollegen, die von außerhalb kommen und im Betrieb essen, sollen in Zukunft 24 DM für die Fahrt bezahlen und 80 Pfennige mehr für das Essen. Für die Kollegen von auswärts bedeutet das zusam-
men 40 DM im Monat weniger in der Lohntüte!

Das macht etwa 2/3 der letzten Lohnerhöhung aus. Rechnet man die Preissteigerung von 6,8 % dazu, dann bedeutet das für viele Kollegen einen beträchtlichen Reallohnabbau. Es sei die Frage an Herrn Vieregg erlaubt, ob er meint, durch diese unsoziale Tat den Betriebsfrieden gefördert zu haben.

Und eine weitere Frage: Wie sieht es denn nun angesichts des Abbaus von Sozialleistungen, Ent-
lassungen und Kurzarbeit mit der vielgerühmten Sozialpartnerschaft aus?

Fraglos meint die Deckel-Familie, angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt ist es für sie unge-
fährlich die Sozialleistungen abzubauen, denn die Arbeiter sind froh, wenn sie überhaupt eine Arbeit haben. Typisch ist doch, dass die Firma beim Sparen vor allem an unsere Lohntüte denkt. Da nun offenbar vom Sparen das Wohl der Firma abhängt, wollen wir Herrn Vieregg einen Ge-
genvorschlag unterbreiten, der wesentlich mehr einbringt.

Die Familie Deckel hat im letzten Jahr einen beachtlichen Reingewinn von 6,3 Millionen DM ge-
macht. Könnten wir nicht auf der nächsten Betriebsversammlung einmal über diesen „Lohnkosten-
faktor“ sprechen?

In der Tat, bei der Familie Deckel könnte man einige Millionen einsparen und dadurch die Sozi-
alleistungen verbessern. Auch mit einigen Millionen weniger im Jahr braucht die Familie Deckel sicher nicht zu darben, braucht sie sich keine Sorgen um die Miete zu machen, ja sie braucht noch nicht einmal Abstriche von ihrem luxuriösen Lebensstil zu machen.

Bei uns hingegen sieht das anders aus. 40 DM weniger plus Preissteigerungen, das merken wir in der Haushaltskasse.

Kollegen, auch dieses Beispiel zeigt, hinter der sogenannten Sozialpartnerschaft verbirgt sich nichts anderes als eine raffinierte Unternehmer-Politik. Das Beispiel zeigt weiter, daß uns von den Unternehmern nichts geschenkt wird, sondern wir unsere Forderungen nur im organisierten Kampf durchsetzen können.


Unser Echo. Zeitung der DKP-Betriebsgruppe für Deckel 4/1975, 1 f.