Materialien 1976
Liebe Eltern!
Der Bayerische Landtag hat am 18. Dezember 1975 das Nachtragshaushaltsgesetz für 1976 verab-
schiedet. Hier wurden für den Haushaltsplan 1975/76 Kürzungen in Höhe von 700 Mio. Mark beschlossen. Wichtig für uns Eltern ist, daß allein 61 % der Kürzungen den Kultusetat betreffen. Sie hätten kein Geld, sagen sie und die CSU will auf diese Weise den „Staatshaushalt sanieren“, etwa 1.000 Lehrer sollen in diesem Jahr keine Anstellung finden. Mit Beginn des Schuljahres 1976/77 soll für Schüler ab der Jahrgangsstufe 5 die Mindestwegstrecke zur Schule von bisher 2 auf 3 km erhöht werden. Ist die Schule also z.B. 2,9 km vom Wohnort des Schülers entfernt, dann muß er oder seine Eltern den vollen Fahrpreis zahlen. Bei Schülern weiterführender allgemeinbildender und berufsbildender Schulen wird eine „Kostenbeteiligung“ von 20 Mark fällig. Schüler ab Jahr-
gangsstufe 11 müssen alle Kosten in voller Höhe selbst tragen. Auch werden viele für den Unter-
richt erforderlichen Bücher und Hilfsmittel dem Schüler nicht mehr kostenlos zur Verfügung ste-
hen.
Zweimal fauler Trick.
Der Trick der CSU im Landtag ist klar. Durch die Streichung im Kultusetat werden auf der einen Seite den arbeitenden Menschen wieder einmal mehr die Lasten dieser von den kapitalistischen Krisenmachern erzeugten Krise aufgeladen, auf der anderen Seite wird den Kindern der arbeiten-
den Bevölkerung wieder ein Stück von der Chance abgeschnitten, eine ebenso gute Ausbildung zu bekommen wie ein Kind aus den privilegierten Schichten der Bevölkerung.
Laimer Eltern, wir dürfen uns die Abwälzung der Krisenlasten auf unsere Schultern und die Ver-
bauung der Zukunft unserer Kinder durch die erzreaktionären Machenschaften der Vertreter des Großkapitals, allen voran die CSU, nicht länger gefallen lassen! Protestieren Sie beim Elternbeirat der Schule Ihrer Kinder, machen Sie es so wie eine Mutter, die mir klipp und klar ausgerechnet hat, daß die beabsichtigten 20 Mark „Beteiligung“ an den Schulwegkosten bei den gegenwärtigen Tarifen bereits eine Überforderung darstellen.
Es muß endlich Schluß gemacht werden damit, daß alle Krisenfolgen dem kleinen Mann aufgebür-
det werden, von der Arbeitslosigkeit angefangen bis zu den dauernd steigenden Preisen, was zuneh-
mende Existenzangst und Sorge um unsere Zukunft bringt.
Soll das etwa Freiheit sein?
Die Krise wird nicht von uns arbeitenden Menschen gemacht.
Tatsache ist, daß diese kapitalistische Wirtschaftskrise von den Bossen und ihren Handlangern in Politik und Wirtschaft ausgenützt wird. Das Geld muß also von denen kommen, die durch die Krise rund und fett werden! Die Steuerflucht und die Wirtschaftskriminalität müssen ernsthaft bekämpft werden, infolge der außenpoIitischen Entspannung kann die Rüstung gesenkt werden, Steuersub-
ventionen an die Großkonzerne, die uns sowieso keinen Arbeitsplatz erhalten, müssen gestrichen werden u.s.w. Und noch etwas:
- Wenn die Steuern für teure Wahlkampfbroschüren reichen, dann erst recht für Schulbücher!
- Wenn Abgeordnete freie Fahrt auf den Verkehrsmitteln haben, dann erst recht Schüler!
F. Schumacher (Elternbeirat)
Der rote Radi. Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei für Laim, Hadern und Schwanthalerhöh 4 vom März 1976, 4.