Materialien 1977
Kündigungsgrund: Sorge um Patienten
Böse Folgen kann es nach sich ziehen, wenn ein Arzt sich für seine Patienten einsetzt und dabei den Behörden auf die Zehen tritt.
Nur weil er Mißstände im Gesundheitswesen kritisiert hatte, soll der 31jährige Arzt Dr. med, Wolf Bergmann seine Stellung im Krankenhaus München-Oberföhring verlieren.
Der Mediziner hatte es gewagt, auf einer Personalversammlung anzuprangern, daß
˃ die Krankenzimmer überfüllt seien,
˃ um Kosten einzusparen, an Arzneimitteln gespart werde,
˃ die Ärzte und Schwestern durch ständigen Nachtdienst so überlastet seien, daß die Kranken teilweise vor 4 Uhr geweckt würden,
˃ ein Laserstrahl-Operationsgerät im Wert von 150.000 DM nur deshalb ungenutzt herumstehe, weil niemand dafür ausgebildet werde.
Gegen diese Einsparungen zu Lasten der Patienten hatte der Arzt Unterschriften unter den Kollegen gesammelt.
Wegen seiner Kritik wurde Dr. Bergmann zunächst zu einer skandalösen „Anhörung“ zitiert, bei der ihm sogar das Tragen einer DGB-Plakette zum 1. Mai vorgeworfen wurde.
Im Gegensatz zu den arbeitsrechtlichen Bestimmungen wollen die zuständigen Herren der Stadt München Dr. Bergmann „strafversetzen“ und ihn zum Herbst kündigen. Gegen diesen Willkürakt wird Dr. Bergmann vor dem Arbeitsgericht klagen.
Rund um den Roecklplatz. Links der Isar. Wohngebietszeitung der DKP-Gruppe Mitte-Süd vom Juli 1977, 2.