Flusslandschaft 2001

Fußball

Bei den Fans vom TSV München 1860 gehen die Wogen hoch. Viele wollen vom Olympiastadion weg und wünschen, dass das Grünwalder Stadion saniert wird. Sie lehnen es auf jeden Fall ab, dass, wie es der Präsident des Fußballclubs will, gemeinsam mit dem Erzrivalen FC Bayern ein neues Stadion draußen in der Prärie errichtet wird. Sie wollen keinen „Kaiserdom“. Der Sohn des Vereinspräsidenten, Karl-Heinz Wildmoser jr., geht, da der Vater kneift, zur Mitgliederversammlung im Hofbräukeller an der Inneren Wiener Straße. Sechshundert Fans sind empört. Sprechchöre erschallen „Wir sind Löwen – und du nicht“. Wildmoser hat keine Chance. Manni Schwabl plädiert dafür, das Grünwalder Stadion zu einer überdachten Fußballarena umzubauen. „Als das Licht im Saal ausgeht und das Stadionmodell an der Leinwand erscheint, hält es nicht mehr viele auf ihrem Stuhl. Dass auf der Fotomontage der TSV im Derby gegen die Bayern auch noch mit 1:0 führt, tut ein übriges: Spontan stimmen die Fans den Song ‚It’s coming home’ an, so als stünde der Umzug vom Olympiastadion nach Giesing unmittelbar bevor.“1 Wildmoser ist in der Defensive und meint schließlich „Ich kann doch auch nicht das Empire State Building am Marienplatz bauen“ – der Saal tobt.

Eine Volksabstimmung soll über das neue Stadion entscheiden. Die Medien entfalten ein beispielloses Trommelfeuer pro Stadion. Und Stadtbaurätin Christiane Thalgott meint in der Abendzeitung: „Wir müssen bei der Entwicklung der Stadt das Freizeitthema ernst nehmen. Wenn die Leute in ihrer Freizeit nicht unterhalten werden, dann kommen sie auf dumme Gedanken. Darum ist es wichtig, etwas gegen ihre Langeweile zu tun.“2


1 Christian Mayer: „Der Hofbräukeller wird zum Hexenkessel“ In: Süddeutsche Zeitung vom 7. März 2001.

2 Siehe „Das Stadion kommt – die Kampagne hat gewonnen“.