Flusslandschaft 2002
Psychiatrie
Noch heute beziehen sich Psychiater positiv auf den in München wirkenden Psychiatrie-Professor Kraepelin. Von ihm stammen die Grundlagen des heutigen Systems der Klassifizierung psychischer Störungen. Kritiker machen Kraepelin auch für die inhumanen Methoden in der deutschen Psychiatrie des 20. Jahrhunderts mit verantwortlich. Auf Kraepelins Betreiben hin wurde 1917 die weltweit erste Forschungseinrichtung für psychiatrische Genetik eingerichtet, die Deutsche Forschungsanstalt für Psychiatrie . Kraepelin legte zeigte Einstellung bereits in dem Werk von 1908 Zur Entartungsfrage und 1918 in dem Werk Geschlechtliche Verirrungen und Volksvermehrung . Er forderte: „Ein rücksichtsloses Eingreifen gegen die erbliche Minderwertigkeit, das `Unschädlichmachen´ der psychopathisch Entarteten mit Einschluss der Sterilisation“. – Jahrelange Vorhaltungen und Proteste gegen die Mitverantwortung der traditionellen Psychiatrie an der Genese der Rassetheorien vor 1933, das Vertuschen der Mitverantwortung von Psychiatern an den Ausmerzemassnahmen des NS-Regimes sowie gegen die sang- und klanglose Weiterbeschäftigung vieler NS-Psychiater nach 1945 bewirken 2002 eine Stellungnahme des Chefs der Max-Planck-Gesellschaft : „Wissenschaftler an Kaiser-Wilhelm-Instituten haben für ihre Zwecke die ‚entgrenzten Forschungsmöglichkeiten in NS-Zwangsanstalten, in psychiatrischen Kliniken und im KZ Auschwitz genutzt’, sagte Markl, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft … Er hat sich ausdrücklich zur historischen Verantwortung der erst 1948 gegründeten Max-Planck-Gesellschaft (MPG) für die Schuld bekannt, die damals Institute und Wissenschaftler auf sich geladen haben. Er hat um Verzeihung gebeten für das Leid, das den Opfern dieser Verbrechen … zugefügt wurde.“1
„Die ‘Münchner Skeptiker’ laden ein- Dr. Christoph Bördlein (Bamberg): ‘Von sockenfressenden Monstern und hellseherischen Telefonterroristen – Eine Einführung ins skeptische Denken’ – Eine Veranstaltung der ‘Münchner Skeptiker’, am Freitag, 18. Oktober 2002, 19:00 Uhr, Großer Hörsaal, Anatomiegebäude der Tierärztlichen Fakultät der Universität München in der Königinstraße. Unkostenbeitrag: 2,00 EUR, Studenten 1,00 EUR (kostenlos für Mitglieder der GWUP und Angehörige des Lehrstuhls für Tieranatomie). Zum Vortrag: Ist der Mond für Schlaflosigkeit verantwortlich? Warum sind Horoskope und astrologische Persönlichkeitsbeschreibungen immer so treffend? Kann man durch Willenskraft Gegenstände bewegen? Sind Homöopathie und Bach-Blüten-Therapie tatsächlich wirksam? Während sie in anderen Situationen (z.B. beim Kauf eines Autos) durchaus kritisch nachfragen, nehmen viele Menschen bei diesen Fragen nicht die Mühe des skeptischen Denkens auf sich. Christoph Bördlein führt uns anhand vieler Beispiele in das Verfahren, Behauptungen auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, ein. Besonders ausführlich werden Möglichkeiten, sich nicht zu täuschen, vorgestellt und Strategien, nicht in solche Fallen zu tappen, aufgezeigt. Nebenbei wird auch die Frage untersucht, wohin eigentlich die ganzen Socken verschwinden, die nach dem Waschen fehlen. Zum Referenten: Der Psychologe Dr. Christoph Bördlein beschäftigt sich seit Jahren mit kognitiven Täuschungen, der Erziehung zum kritischen Denken und der Frage nach den Ursachen paranormaler Überzeugungen. Er ist Autor mehrerer populärwissenschaftlicher Artikel zu diesen Themen, u.a. in den Zeitschriften ‘Skeptiker’ und ‘Psychologie heute’. Sein Buch ‘Das sockenfressende Monster in der Waschmaschine’, eine vergnügliche Einführung ins skeptische Denken, ist vor kurzem im Alibri-Verlag, Aschaffenburg, erschienen, und sein Engagement bei den ‘Bamberger Skeptikern’ wollen wir auch nicht verschweigen; mehr über Christoph Bördlein finden Sie auf seinen Internetseiten http://www.boerdlein.gmxhome.de – Die ‘Münchner Skeptiker’ sind eine Regionalgruppe der ‘Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e.V.’ (GWUP). Ihre Ziele sind die Aufklärung über so genannte Pseudo- und Parawissenschaften, die Förderung kritischen Denkens sowie die Popularisierung wissenschaftlicher Methoden und der daraus gewonnenen Erkenntnisse. Die ‘Münchner Skeptiker’ treffen sich regelmäßig zu informellen Treffen und organisieren öffentliche Vorträge. Weitere Informationen: Thomas Kettenring (V.i.S.d.P.), Bajuwarenstr. 112, 81825 München, telefonisch unter der Nummer (01 72) 85 40 823 oder per E-Mail: kettenring@itq.de. ‘Münchner Skeptiker’ im Internet unter: http://www.muenchen.gwup.org“2
1 Süddeutsche Zeitung vom 8. Juni 2002.
2 Lichtblick-newsletter 61 vom 17. Oktober 2002 – Lichtblick. Nachrichten aus Psychiatrie & Selbsthilfe (naps) ISSN 1619-1927 (E-Mail-Ausgabe)