Flusslandschaft 1954

Nazis

Im Mai 1951 war in Hamburg der rechtsextreme »Deutsche Beobachter« gegründet worden. Finan-
ziert wurde das Blatt aus der DDR. Hintergrund: Unterstützung der Werbung für ein neutrales wiedervereinigtes Deutschland, aber auch Beleg für den zunehmenden Rechtsextremismus in der BRD. Schon nach der achten Nummer musste das Blatt nach Konflikten im „realsozialistischen“ Lager sein Erscheinen einstellen. So entsteht 1952 in München ein neues rechtsextremes Blatt, die »Deutsche Nationalzeitung«, „als deren Herausgeber und Hauptgesellschafter der ehemalige Feld-
webel RUDOLF STEIDL fungierte. – Steidl hatte seine Karriere 1951 als Herausgeber der vom Osten finanzierten »INTERNATIONALEN MILITÄRKORRESPONDENZ« und Organisator von Zusammenkünften hoher Offiziere der ehemaligen Deutschen Wehrmacht begonnen. Sein Auftrag-
geber war namens des Parteivorstandes der KPD der bereits mehrfach erwähnte OSKAR NEU-
MANN, sein unmittelbarer Kontaktmann der Altkommunist KARL SINN aus Murrhardt in Würt-
temberg, der später wegen seiner Opposition gegen Walter Ulbricht ausgebootet wurde. – Die Idee, eine Wochenzeitung mit nationalistischer und neutralistischer Tendenz ins Leben zu rufen, hing zusammen mit Plänen des Zentralkomitees der SED, in der Bundesrepublik eine bürgerlich-natio-
nale Partei zu lancieren, die sich für die Neutralisierung Deutschlands und für eine ‚Politik der Ko-
existenz‘ einsetzen sollte. – Die »Deutsche Nationalzeitung« kostete Pankow bis zu ihrer Einstel-
lung im Frühjahr 1954 nach den Angaben Steidls insgesamt 1.630.000 DM. Ihr erster Chefredak-
teur war PAUL STADTLER. Als sich die Tendenz der Zeitung als zu bürgerlich-national heraus-
stellte, (die Redaktionsmitglieder und Mitarbeiter wussten z.T. nichts von den kommunistischen Hintergründen) drängte der eigentliche Drahtzieher des Unternehmens,das ZK-Mitglied des SED PAUL VERNER, auf einen neuen Chefredakteur, der schließlich in der Person des ehemaligen Chefredakteurs der stark links tendierenden »Aachener Nachrichten«, HERMANN SCHAEFER, gefunden wurde. Schaefer hatte laut Steidl gute Beziehungen zum Presse- und Informationsamt der Sowjetzone und zum Pressechef der sowjetzonalen Regierung, ALBERT NORDEN. – Wegen eines Aufsatzes Schaefers mit zu deutlicher nationalbolschewistischer Tendenz kam es zum Krach zwischen ihm und Steidl, der mit der fristlosen Kündigung Schaefers endete, was zur Folge hatte, dass Pankow die Subventionen für die Zeitung einstellte, womit deren Schicksal besiegelt war. Sie stellte ihr Erscheinen im Frühjahr 1954 ein.“1

„Heinrich Hoffmann, 69, früherer Leib-Photograph Hitlers, ist in München beim Verlassen eines Weinlokals von unbekannt gebliebenen Tätern überfallen und schwer misshandelt worden. Der Überfall, der nicht angezeigt und deshalb nur einem kleinen Personenkreis bekannt wurde, wird mit der Empörung in Zusammenhang gebracht, die Hoffmann bei ehemaligen Vertrauten Hitlers durch seine Bild- und Artikel-Serie in der ‚Münchner Illustrierten’ (‚Heinrich Hoffmanns Erzäh-
lungen’) ausgelöst hat.“2

„Kindheitserinnerungen: Ich erfuhr, dass wir den Krieg gar nicht verloren haben, die Engländer hätten ihn vielmehr verloren, wir hätten jetzt ja nur einen Waffenstillstand und einen Frieden gebe es nicht, den könne es ja auch niemals geben, denn der Kampf gehe schließlich weiter. Und die Kette an der Sprungdeckeluhr meines Onkels sei so stark, dass man daran einen Juden aufhängen könne.“3

(zuletzt geändert am 21.5.2020)


1 Verschwörung gegen die Freiheit. Die kommunistische Untergrundarbeit in der Bundesrepublik. Hg. von der Münchner Arbeitsgruppe „Kommunistische Infiltration und Machtkampftechnik“ im Komitee „Rettet die Freiheit“ [unter Mitarbeit von Hans Hartl], München (Frühjahr 1960), 34 f.

2 Der Spiegel 1 vom 1. Januar 1955, 34.

3 Manfred Ach, Krätze. Aussätze vom Mönch, München und Wien 2008, 4100.

Überraschung

Jahr: 1954
Bereich: Nazis