Flusslandschaft 2010

Bundeswehr

Am 22. Juni steht der sogenannte „Karrieretruck“ der Bundeswehr vor dem Lion-Feuchtwanger-Gymnasium in der Freiligrathstraße 71 in Milbertshofen, um für soldatischen Nachwuchs zu werben. Erst einen Tag vorher haben die Schülerinnen und Schüler von dem Event erfahren; vermutlich will man Proteste vermeiden. Trotzdem verteilt die Sozialistische Deutsche Arbeiter-
jugend
(SDAJ) Flugblätter; auf ihrem Transparent steht „Bundeswehr raus aus den Schulen“.1

Am 28. Oktober spielt die Kapelle des Gebirgsjägercorps der Bundeswehr zugunsten des Volksbun-
des für Kriegsgräberfürsorge
auf dem Marienplatz auf. Eine Gruppe von Antimilitaristinnen und Antimilitaristen stört mit Kochtöpfen, Trillerpfeifen und Sprechchören. Ein Mitglied der Gruppe wird festgenommen. „Bundeswehr in Concert – Im Oktober 2010 fand auf dem Münchener Ma-
rienplatz ein Konzert der Bundeswehr als Spendensammlung für die Kriegsgräberfürsorge statt. Die etwa 50 Soldaten, die in Uniform musizierten, wurden dabei von einer Gruppe Antimilitari-
stInnen gestört, die sich mit Kochtöpfen, Pfeifen und Flyern dem Konzert anschlossen. Für einen der Teilnehmer zog diese Aktion eine Anzeige wegen Nötigung nach sich. Er habe die Soldaten genötigt ihr Konzert zu unterbrechen. Versammlungsfreiheit akzeptierte die Richterin nicht als Argument, schließlich sehe sie keinen Zusammenhang zwischen dem Konzert und dem Krieg in Afghanistan, gegen den die Flugblätter gerichtet waren. Der Prozess endete am 24. Mai 2011 mit 60 Tagessätzen Strafe für den Angeklagten. Hier ist allerdings das letzte Wort noch nicht gespro-
chen. Es wurde Berufung eingelegt.“2

Die Bundeswehr beteiligt sich nach herrschender Sprachregelung an „friedenstiftenden Massnah-
men“. Gegen Ende Mai sagte Bundespräsident Horst Köhler bei einem Flug von Afghanistan nach Deutschland einem Journalisten Folgendes ins Mikrophon: „Meine Einschätzung ist aber, dass ins-
gesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhän-
gigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Insta-
bilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen. Alles das soll diskutiert werden und ich glaube, wir sind auf einem nicht so schlechten Weg.“ Der erste Gedanke, den manche kritischen Zeitgenossen haben, als sie das hören, ist, dass die zur internationalen Interventionstruppe umgebaute Bundes-
wehr schon längst nicht mehr nur die vom Grundgesetz ausschließlich erlaubte Verteidigung der Landesgrenzen praktiziert, sondern anderen weitergehenden Interessen dient. Das darf man nur nicht laut sagen, und wer das sagt, der wird als Überbringer der Botschaft „gesteinigt“. Köhler, der vor allem von Grünen und Sozialdemokraten angegriffen wird und von seiner eigenen Partei keine Unterstützung erfährt, tritt am 31. Mai zurück. (Haben nicht gerade SPD und Grüne den Umbau der Bundeswehr mit milliardenschweren Rüstungsprogrammen ermöglicht!?)


1 Vgl. www.bundeswehrfreie-zone.de.

2 info der Roten Hilfe e.V. Ortsgruppe München vom Februar 2012, 7; siehe auch www.luzi-m.org/nachrichten/artikel/datum/2011/05/25/456/