Materialien 1950

Ja, es war ganz schön patzig ...

Herr Deller, uns allen bekannt als der Bandleader des letztjährigen Kirchweihtanzes, erinnert sich an seine erste Auer Dult:

Ja, es war ganz schön patzig auf dem Mariahilfplatz, denn wenige Stunden vor der Eröffnung hatte es angefangen zu regnen. Ich hatte meinen »Neuheitenstand« bei der Ruine der Mariahilfschule. Als junger Spund lernte ich sehr bald die Höhen und Tiefen, den Erfolg und Misserfolg eines Firanten kennen; ja ich musste es sogar an meinem eigenen Leib erfahren. Der letzte Schrei der 50er Jahre waren für die Damenwelt die »Nylons«. Diese Strümpfe aus einer Kunstfaser waren den Seidenstrümpfen der Vorkriegszeit sehr ähnlich und wurden in der Schwarzmarktzeit mit mindestens zwei Schachteln »Lucky Strike« gehandelt. Es gab sie in mehreren Farben, am beliebtesten waren die Schwarzen und Naturfarbenen. Unsere Madln verstanden es sehr gut, die Naturfarbenen zu imitieren, indem sie einfach mit einem Fettstift eine »Naht« auf ihre Wadln bis unter den Rock malten. Wie gesagt diese »Nylons« waren sehr begehrt und daher kostbar, leider waren sie anfällig für Laufmaschen. Nun der Erfindergeist der Nachkriegszeit war schier unergründlich. So kam schon bald nach den »Nylons« ein sogenanntes »Antilaufmaschentonikum« auf den Markt. Und genau dieses Mittel verkaufte ich auf der Auer Dult als das Universalmittel schlechthin. Es verhinderte nicht nur, dass sich Laufmaschen bildeten, nein es konnte sogar die Laufmaschen stoppen. So pries ich jeden Tag von früh bis spät meine Weltsensation auf der Auer Dult an. Eines schönen Tages stand vor meinem Standl eine für die damaligen Verhältnisse sehr vornehm gekleidete Frau, eine Dame. Ganz gemächlich öffnet sie ihre Handtasche – ich erinnere mich genau – zerrt ein Paar »Nylons« heraus und ehe ich mich versah, ich wusste nicht wie mir geschah, haute sie mir ihre »Nylons« ein paarmal links und rechts um die Ohren. Pitsch – patsch – pitsch -patsch! Noch ehe ich überhaupt ein Wort der Entrüstung sagen konnte, meinte sie ganz gelassen: »Nächstes Mal überlegst dir, was für a G’lump du verkaufst!«

Mitteilungen des Vereins „Freunde der Vorstadt Au“ 10 vom November 1990, 13.