Materialien 1958

„Die haben sich nicht für uns interessiert ...“

— Beklemmendes zum Antifaschismus in Zeiten des Kalten Kriegs

Es kommt nicht häufig vor, dass man bei zwei Referenten von einem hochkarätig besetzten Podium sprechen kann. Die allmonatliche Veranstaltung der VVN in der Seidlvilla am 28. April hat diese Qualifizierung jedoch ohne weiteres verdient, sprachen doch mit Martin Löwenberg1 und Ernst Grube zwei Antifaschisten und ehemalige Verfolgte des Naziregimes, deren Bedeutung für die antifaschistische Arbeit und Aufklärung in München gar nicht überschätzt werden kann. Und eben diese Arbeit nach dem unmittelbaren Terror war das Thema des Abends. Friedbert Mühldorfer wies in seiner Einleitung darauf hin, dass man bewusst die Vorgeschichte der beiden Referenten, den Weg in Widerstand und Verfolgung, an diesem Abend außen vor lassen wollte. Vielmehr ging es um das Schicksal sowohl antifaschistischer Vorstellungen, als auch aktiver Antifaschistinnen und Antifaschisten selbst in der Zeit der Blockkonfrontation. Bis heute, so Mühldorfer, seien die fünfziger Jahre und insbesondere die politischen Verfahren gegen ehemalige Verfolgte, Kommunisten oder auch nur KPD-nahe Linke, trotz vereinzelter Anfragen im Bundestag und historischer Veröffentlichungen in der politischen Diskussion unterbelichtet.

Vergeblicher Kampf gegen die Remilitarisierung

Martin Löwenberg entschuldigte sich beinahe dafür, dass er den inhaltlichen Beginn seines Vortrages dennoch etwas früher ansetzte. Die Geschehnisse im Kalten Krieg müssten gesehen werden vor dem Hintergrund des Jahres 1945. Nach und bereits vor der Befreiung hätten aktive Antifaschistinnen und Antifaschisten natürlich darüber diskutiert, wie ein freies, demokratisches und antinazistisches Deutschland auszusehen habe. Über die in der Parole „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“ andeutungsweise zusammengefassten vier Kernpunkte, habe tatsächlich ein breiter Konsens geherrscht, der sich in allen demokratischen Parteiprogrammen bis hinein in das Grundgesetz und die Länderverfassungen erkennen lässt. Diese Punkte, so eigentlich auch im Potsdamer Abkommen der Alliierten kurzzeitig unmittelbar rechtsverbindlich, waren: eine umfassende Denazifzierung, also alle Schuldigen aus öffentlichen Ämtern zu entfernen und, worauf Löwenberg besonders hinwies, zu verhindern, dass diese jemals wieder Macht bekommen würden; die Demilitarisierung als Antwort auf die Erkenntnis, dass der Militarismus das Grundübel der deutschen Geschichte ist; ausgehend von der Erkenntnis, dass sowohl Großgrundbesitzer. als auch die Größen in Industrie und Wirtschaft die Verbrechen der Nazis unterstützt hatten, eine Enteignung des Großgrundbesitzes und die Sozialisierung bestimmter Wirtschaftszweige, und nicht zuletzt eine umfassende Demokratisierung, die über das parlamentarische System hinaus auch eine Demokratisierung der Gesellschaft, etwa innerhalb der Betriebe, umfassen sollte. Man musste dann jedoch erleben, wie schnell diese Grundsätze ausgehebelt wurden. Es begann mit einer Grundgesetzänderung, der Einführung des Artikel 131, die es ermöglichte, frühere Nazis wieder in den öffentlichen Dienst zu übernehmen, wofür, so Löwenberg, diejenigen „Antinazis, die zuvor mitgeholfen hatten, die Trümmer in den Städten, aber auch die Trümmer in den Herzen und Hirnen wegzuräumen“, ihren Platz räumen mussten. Der nächste Schritt war die Remilitarisierung, bei der es nach Adenauer um eine „Neuordnung Europas … bis zum Ural“ ging. Sehr eindringlich beschrieb Löwenberg die Bedeutung, die der Antimilitarismus für die junge Generation damals hatte und welche Bewegung ausgelöst wurde, als die Pläne ehemaliger Wehrmachts- und SS-Offiziere zur Wiederbelebung einer deutschen Armee zu einem Zeitpunkt bekannt wurden, als „noch Millionen Brüder, Väter, Söhne und Ehemänner vermisst“ waren und schilderte den Ablauf der Volksbefragungsbewegung für Demilitarisierung und einen Friedensvertrag, die in der BRD schnell verboten wurde.

Die Tötung Philipp Müllers

Erschütternd wurde es, als Löwenberg seine persönlichen Erfahrungen im Zusammenhang mit dieser Bewegung darlegte. So wurde u.a. beschlossen einen Jugendkongress zu veranstalten, wobei Löwenberg hier die Bedeutung der Frauen und der Jugendlichen im Kampf gegen die Remilitarisierung besonders hervorhob. Diese Jugendfriedenskonferenz sollte in Essen stattfinden und nach Löwenberg eines der Schlüsselerlebnisse seines Lebens werden. So waren ca. 30.000 junge Menschen „fröhlich und friedlich“ auf dem Weg nach Essen, das sich jedoch in einem Belagerungszustand befand. Tausende Polizisten waren vor Ort, um ein Verbot des Innenministeriums durchzusetzen. Da man wusste, dass noch Tausende auf dem Weg nach Essen waren, beschlossen die Veranstalter eine Demo durchzuführen. Innerhalb kurzer Zeit war die berittene Polizei im Einsatz. Löwenberg wörtlich: „Ich habe später viel erlebt, aber diese Brutalität war einmalig“. So ging die Polizei u.a. mit Stahlruten gegen die Jugendlichen vor, bis schließlich der Befehl „Feuer frei“ ertönte. Ein Arbeiter aus Kassel wurde an der Wirbelsäule, ein Freund Löwenbergs in der Wade getroffen. Schwer verletzt blieb der ebenfalls aus München angereiste Philipp Müller liegen. Ein Arzt stellte später fest, dass dieser bei rechtzeitiger Behandlung überlebt hätte. Stattdessen wurde er auf einen Polizeilastwagen geworfen. Es war Martin Löwenberg, der der Mutter Philipp Müllers die Umstände des Todes ihres ältesten Sohnes beibringen musste. Diese reagierte sogar etwas erleichtert, da die Polizei in ihrem Telegramm von der Teilnahme Müllers „an einem Aufruhr“ gesprochen hatte. Eine Formulierung, die auch von der Presse aufgegriffen wurde mit der zusätzlichen Behauptung, dass aus der Demonstration heraus geschossen wurde. Neben skandalösen Einzelheiten der Überführung und der anschließenden Ermittlungen wies Löwenberg auf die Tatsache hin, dass der zuständige Einsatzleiter der Polizei ein vormaliger Gestapo-Offizier war. Bewegend, dass Löwenberg nach Schilderung dieses Erlebnisses, die Anwesenden auch noch um Verständnis für Wut, Ärger und Enttäuschung der Überlebenden bat.

Verfolgung wegen sozialdemokratischer Betätigung

Im Folgenden ging Löwenberg auf seinen politischen Entwicklung ein. So war er noch 1945 in die SPD eingetreten und frühzeitig Mitglied der VVN geworden. 1949 erließ die SPD einen Unvereinbarkeitsbeschluss, der jedoch von vielen, auch Martin Löwenberg, nicht eingehalten wurde, was nach einer Aussprache den Sofortausschluss nach sich zog. In dieser Aussprache hatte Löwenberg betont, dass er umgekehrt auch nicht aus der SPD ausgetreten wäre, hätte die VVN entsprechendes verlangt. Es half nicht. Mit Löwenberg wurden Hunderte aus der SPD ausgeschlossen, was zur Gründung der „Sozialdemokratischen Aktion“ führte. Diese kannte bewusst weder eine feste Mitgliedschaft noch Beiträge, da das Ziel eine reformierte SPD war. 1951 erfolgte mit dem „Adenauererlass“ eine erste Welle von Berufsverboten. Weder Mitglieder der VVN noch der SDA konnten in den öffentlichen Dienst. Nicht ohne Stolz bemerkte Löwenberg, dass die SDA an zweiter Stelle noch vor der VVN in der entsprechenden Liste aufgeführt wurde. Wenig später erfolgte das Verbot. 1953 wurden sämtliche Leitungsmitglieder der SDA in Worms festgenommen, so dass Löwenberg deren Aufgaben übernahm. Seit 1956 bestand ein Haftbefehl gegen ihn, der zur Festnahme 1958 und einer Verurteilung zu zehn Monaten Gefängnis, von denen Löwenberg acht Monate absitzen musste, führte. Im Folgenden wurde Löwenberg wegen seiner Kenntnisse als eines der Leitungsmitglieder immer wieder als Zeuge in Prozessen gegen Mitglieder der SDA geladen, weigerte sich aber auszusagen, was ihm mehrmals Beugehaft einbrachte, und tauchte eine Zeitlang unter, um den Aussagen gegen Genossen zu entgehen. Eindringlich schilderte Löwenberg die isolierenden Haftbedingungen, die ihm jeden Kontakt zu Mithäftlingen unmöglich machten. Er durfte weder am gemeinsamen Hofgang noch am Gottesdienst teilnehmen. Erneut zehn Monate Haft erhielt er für die spätere Mitgliedschaft im illegalen Bezirksvorstand der KPD. Löwenberg dazu lapidar: „Ich war halt nie unpolitisch“

Ernst Grube: Ignoranz der Gesellschaft der Täter

Auch Ernst Grubes Ausführungen setzten vor der Befreiung an. Das Leben seiner Familie war unter den Nazis immer von der Frage geprägt, ob es genüge, den Vater zu beschützen. Das deutliche Nein auf diese Frage war immer verbunden mit dem Vertrauen auf eine Niederlage Deutschlands und damit einhergehend der Hoffnung auf den Sieg der Sowjetunion. Er sei also schon früh mit einer positiven Einschätzung der SU und des Kommunismus herangewachsen, ohne sich wirklich etwas unter diesen Begriffen vorstellen zu können. Nach der Befreiung waren zunächst andere Dinge wichtiger als politische Angelegenheiten, so Schule und der Kontakt mit anderen. Allerdings kam Grube über seine Eltern langsam aber früh mit der KPD in Kontakt. Eine erschütternde Kennzeichnung der bundesdeutschen Stimmung in den fünfziger Jahren gab Grube mit der Erklärung, warum er damals in die VVN gegangen sei. So sei es vor allem die Wärme gewesen, die er gespürt habe, als er von seinen Erlebnissen als jüdischer Junge unter der Nazibarbarei erzählen wollte. Dies sei in der deutschen Gesellschaft selbst einfach nicht möglich gewesen! Dies versuche er auch heute noch in Diskussionen mit den Verfassungsschutzbehörden bei den Bemühungen des Jugendringes um ein antifaschistisches Bündnis zu vermitteln.

Ähnliche Gründe führten Grube auch zur FDJ, die ihm auch eine Möglichkeit zum Lernen bot, nachdem ihm der Schulbesuch durch die Nazis verwehrt war. So sei er auf die Jugendschule „Wilhelm-Pieck“ in Ostberlin gekommen, wo er „ganz schön geschliffen worden sei“. Grube dazu: „Wir waren halt ein bisschen wie die Antifa heute“. U.a. habe er dort die Notwendigkeit von Massenarbeit gelernt, weswegen er in die Gewerkschaft eintrat. Dort habe er, wie er betonte, durchaus mit Ehrgeiz vor allem zwei Ziele verfolgt: Den Aufbau illegaler FDJ-Zellen und den Schutz dieser Arbeit durch die Mitarbeit in den Gewerkschaften. Zu einer ersten Auseinandersetzung mit der Polizei kam es bei einem Münchner Metallarbeiterstreik 1953, der durch Tanz-, und Kulturgruppen aus der DDR, die neben dieser musischen Solidarität auch handfeste Nahrung mitbrachten, unterstützt wurde. Bei einem gemeinsamen Treffen am Abend schritt die Polizei massiv ein und Grube erhielt erstmals sechs Wochen Haft wegen Widerstandes. Ein anwesender Journalist, der mitbekam, wie Grube bei dieser Gelegenheit von Polizisten massiv zusammengeschlagen wurde, erlitt, als er nach den Namen der Beteiligten fragte, kurzerhand das gleiche Schicksal. Grube betonte, dass man solche Verhältnisse heute nicht mehr habe. Ebenfalls auch im Hinblick auf heutige Auseinandersetzungen interessant ist der Weg zu Grubes zweiter Haftstrafe. Es ging um die Ladenschlusszeiten. So gab es zwar noch kein Gesetz hierzu, jedoch war es üblich, dass die Geschäfte samstags um 12:00 Uhr schlossen. U.a. die Firma Salamander in der damaligen Noch-Nicht-Fußgängerzone versuchte jedoch, die Öffnungszeiten auf 18:00 Uhr zu erweitern, was den massiven Protest der Gewerkschaften herausforderte und zu regelmäßigen Kundgebungen in der Neuhauser Straße und deren ebenfalls regelmäßige Sprengung durch die berittene Polizei führte. Die Szenen, die Grube schilderte, ähnelten durchaus jenen aus Essen, von denen Löwenberg berichtet hatte. Grube betonte, wie wichtig ihm der Rückhalt durch die Gewerkschaften war und zeigte nicht ohne kleines, stolzes Lächeln ein Foto der damaligen 1-Mai-Kundgebung, auf dem ein Schild „Freiheit für Ernst Grube“ zu sehen war. Grube knüpfte sodann an einige Themen aus dem Vortrag Löwenbergs an. So schilderte auch er, was für einen tiefen Einschnitt die Remilitarisierung für die ehemaligen Verfolgten bedeutet hatte. Beiläufig erzählte er von einem Radiospot mit dem Tenor „Nie wieder Krieg“, den man zunächst jahrelang mindestens dreimal am Tag hörte und der dann mit einem Schlag verschwunden war. Ein spezifisches Erlebnis mit dem ermordeten Philip Müller hatte auch Grube. Eine geplante Gedenkfeier zehn Jahre nach dessen Tod auf dem Neuaubinger Friedhof wurde ohne weiteres verboten.

Nichts gelernt

In den Fragen der Anwesenden wurde vor allem ein erhebliches Unverständnis sichtbar, wie die Bevölkerung den geschilderten Umgang mit denjenigen, die das Grauen durchlebt hatten, erneut dulden konnte. Löwenberg wies daraufhin, dass sich die Verfolgten schon während des Terrors die Frage gestellt hätten, wo denn die Menschen für ein besseres Deutschland sein werden. Ernst Grube stellte fest, dass schlicht kein Unrechtsbewusstsein vorhanden war. Er könne zwar nicht genau erklären, wieso Menschen, denen seitens der Alliierten z.B. in Dachau das Grauen ja gezeigt wurde, kein andere Sichtweise entwickelt hätten. Er habe jedoch erfahren müssen, dass sich die Mehrheit der Deutschen für die Opfer aus den Konzentrationslagern schlicht nicht interessiert hätten. Dafür gäbe es mehrere Gründe. So das Leid durch die Bombennächte, was jedoch auch dazu führte, dass man die Schuld nicht im Nazisystem suchte und auch, dass viele, etwa durch die Arisierung, profitiert hätten. Löwenberg verwies in erschütternden Worten auf Diskussionserlebnisse aus dem Seniorenheim, in dem er lebt und bezeichnete seine Generation als die einzige, die „nichts aus der Geschichte gelernt hätte“. Es müsse halt weiter daran gearbeitet werden, ein humanes Deutschland zu schaffen. Die Vorfreude darauf lasse er sich nicht nehmen.

Johannes Kakoures


Münchner Lokalberichte 10 – 11 vom 13. Mai 2010, 12 ff.

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1 Martin Löwenberg wurde am 12. Mai 1925 In Breslau/Schlesien (heute Wrozlaw/Polen) geboren, zwei Jahre nach seinem älteren Bruder Fred. Seine Eltern Julian und Käthe Löwenberg waren beide aktive Sozialdemokraten und Gewerkschafter. 1932 erlebten Martin und Fred Löwenberg einen Überfall von SA und HJ-Gruppen auf das Kinder- und Jugendheim der „Sozialistischen Jugend — Die Falken“ In Breslau, wo beide aktive Mitglieder waren, Martin als kleiner Junge bei den so genannten „Nestfalken“. Von 1931 bis 1939 besuchte Martin die achtstufige evangelische Knaben-Volksschule in Breslau, ab November 1939 folgte eine Sattlerlehre, die er im Oktober 1942 mit der Gesellenprüfung erfolgreich abgeschlossen hat. Bereits 1941 wurde Martin Löwenbergs gesamte Verwandtschaft seines jüdischen Vaters, der schon 1929 starb, deportiert; keiner überlebte den NS-Terror. — Martin Löwenberg war ein guter Boxer und trainierte im Postsportverein in Breslau. Er durfte jedoch aufgrund seiner Weigerung, in die HJ einzutreten, nicht an offiziellen Kämpfen teilnehmen. Gemeinsam mit Freunden wehrte er sich bereits als Jugendlicher gegen die Schikanen der HJ-Streifen, die er und seine Freunde mehrfach verprügelten. Ab 1942 unterstützte Martin als Mitglied einer organisierten Widerstandsgruppe aktiv osteuropäische Zwangsarbeiter in Breslau mit Lebensmittelkarten und Nachrichten über den Frontverlauf. Nach seiner Festnahme am 4. Mai 1944, Folter und Gestapo-Verhören, in denen er jede Aussage verweigert hatte, wurde er in das KZ Flossenbürg deportiert, von dort aus in das KZ-Außenlager Longwy-Vilierupt, wo er selbst beim Ausbau von stillgelegten Erzstollen zu unterirdischen Produktionshallen für die Rüstungsindustrie Zwangsarbeit bei der Münchner Baufirma Polensky & Zöllner leisten musste. Im Herbst 1944 wurde er ins KZ-Außenlager Leitmeritz deportiert, wo Osram Zwangsarbeiter für die Luftwaffe und die Auto-Union für den Bau von Panzermotoren ausbeuteten. — Nach seiner Befreiung aus dem KZ gehörte Martin Löwenberg zu den Gründungsmitgliedern der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN). Er trat sofort in die SPD ein, war Gewerkschafter der ersten Stunde und engagierte sich aktiv gegen die Remilitarisierung der Bundesrepublik. Bis heute ist der Schwur der KZ-Überlebenden „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“ seine politische Handlungsmaxime. Aus politischen Gründen wurde er in der jungen Bundesrepublik erneut verfolgt, verhaftet und eingesperrt — u.a wegen seines sozialistischen und antifaschistischen Engagements in der „Sozialdemokratischen Aktion“ (SDA), die vom Staatsschutz im Kalten Krieg als „Tarnorganisation“ der verbotenen KPD eingestuft worden war. Zweimal stand er damals vor Gericht, zweimal wurde er zu jeweils zehn Monaten Haft verurteilt. Nach der blutigen Niederschlagung des „Prager Frühlings“ 1968 trat er aus der illegalen KPD aus und bezeichnet sich seitdem als „Kommunist ohne Parteibuch“. — In München und Bayern ist Martin Löwenberg seit über 60 Jahren in vielen politischen Bündnissen aktiv gegen alte und neue Nazis, Antisemitismus, Rassismus und jede Form des Militarismus — von 1983 bis 1992 war er aktiv bei den Grünen, bis heute ist er Mitglied im Freidenker-Verband, dem Archiv der Münchner Arbeiterbewegung, der VVN/BDA, dem Arbeitskreis gegen Rechts bei ver.di und den Senioren bei ver.di. Öffentlich macht er sich bis heute stark dafür, gemeinsam und aktiv Aufmärsche von Altnazis und Neonazis zu stoppen und zu verhindern. Für seine gelebte Zivilcourage hat ihn ein Münchner Gericht zuletzt im Jahr 2003 wegen „Aufruf zu Straftaten“ rechtskräftig verurteilt — die Anklageschrift wurde von Stadtrat Siegfried Benker als „Zeitdokument“ neben anderen Zeitzeugnissen in der „Zeitkapsel“ hinterlegt, mit der der Grundstein der Neuen Synagoge am Jakobsplatz im November 2003 gefüllt wurde. — Die Stadt München verlieh Martin Löwenberg für sein Engagement im Jahr 2000 die Auszeichnung „München leuchtet“ in Silber. 2004 hat ihn die Internationale Liga für Menschenrechte gemeinsam mit Esther Bejarano und Peter Gingold für ihr unermüdliches Engagement mit der renommierten Carl-von-Ossietzky-Medaille ausgezeichnet. Zum 60. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus hat Martin Löwenberg die Ehrenmedaille der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrechten und Menschenwürde (GBM) erhalten. Als „Gewerkschafter der ersten Stunde“ wurde Martin Löwenberg 2005 vom DGB mit der Hans-Böckler-Medaille geehrt. — Münchner Lokalberichte 8 vom 15. April 2010, 9.

Überraschung

Jahr: 1958
Bereich: Kommunismus

Referenzen