Materialien 1965

Gruppe Geflecht: Manifest

1. Es wird keine Bilder mehr geben und keine Plastik.

2. Die Kunst erschöpfte sich in der Aktualisierung alter Träger wie Bilder, Plastiken und Objekte. An die Stelle dieser Objekte werden Projekte treten.

3. Die Grenzen werden aufgehoben: Die Plastik überwindet ihre Objekthaftigkeit, die Malerei sprengt den Rahmen.

4. Daraus entsteht das Antiobjekt.

5. Antiobjekte sind die kontinuierliche Weiterentwicklung und räumliche Fortsetzung unserer Bilder und Plastiken auf neuen Ebenen. Sie sind kein dekorativer Fleck an der Wand, sondern vielmehr Ausdruck einer Vitalität, die den Rahmen jeder isolierten Kunstform sprengt, um neue Kulturformen vorzubereiten.

6. Nicht die äußere Gestalt unserer Antiobjekte ist verbindlich für die Gestaltung der Umwelt, sondern ihr Entstehungsvorgang.

7. Jeder Verzicht auf die Bildung neuer Kulturformen bedeutet Stagnation und macht Kunst überflüssig.

8. Sobald die künstlerische Gestaltung auf die Wirklichkeit übergreift, erübrigt sich jegliche Abbildung und jedes Gleichnis der Wirklichkeit. Heute ist Abbild ohnehin nur noch ein müder Reflex des Künstlers auf die mechanische Bilderinflation durch die Massenmedien. Kunst war immer transformierte Wirklichkeit. Durch die neueren Strömungen wird die Wirklichkeit selbst ins Bild transportiert und damit das Bild ad absurdum geführt. Der Anspruch auf Gestaltung wird überhaupt aufgegeben.

9. Für uns wird nun die Gestaltung der Umwelt selbst zum Inhalt, genauso wie die Gestaltung des Raumes schon Inhalt ist in unseren Antiobjekten.

10. Bei Intensivierung der bestehenden isolierten Kunstformen verliert die Kunst jeden Anspruch auf einen wesentlichen Platz innerhalb des Lebens und verkümmert.

11. Die Künstler, die noch an überholten Kunstformen hängen, werden an den Busen der Gesellschaft genommen und tot gestreichelt.

12. Wir fordern die tatsächliche Extensivierung , in der die einzelnen Kunstgattungen aus sich heraustreten, um alle Ausdrucksmöglichkeiten zu einer integralen Kunst zu verflechten.

München, den 24. 0ktober 1965

BACHMAYER · FISCHER · HELLER · KOHLER · NAUJOKS · PREM · RIEGER · STURM · ZIMMER


Cobra, Spur, Wir, Geflecht, Kollektiv Herzogstraße, Katalog zur Ausstellung, München 1985.

Überraschung

Jahr: 1965
Bereich: Kunst/Kultur

Referenzen