Materialien 1967

Neues von der Lesebühne „art.5“

1. Arnold Wesker: „Goldene Städte“
(Their very own and golden cities):

Erstmalig nach der Londoner Uraufführung im Jahre 1965 stellte die Lesebühne der HU am 19. und 20. Januar 1967 dieses sozialkritische Stück der Öffentlichkeit vor. In ihm geht ein britischer Sozialist mit dem eigenen politischen Lager ins Gericht und misst die Realpolitik der Linken an der Vision eines jungen Architekten und Labourpolitikers von sechs wahrhaft sozialen Städten. Arnold Wesker erhielt für das Werk 1964 den mit fünf Millionen Lire dotierten „Marzotto-Preis“ für Theater. Der „Kulturspiegel“ des Bayerischen Rundfunks bemerkte zu der Leseaufführung u.a.: „… Gerade an Weskers Stücken erwies (sich) der Ästhetizismus lediglich als Mittel, sich unbequeme Gesellschaftskritik vom Hals zu halten … Während der etwas veraltete Hauptmann immer noch zum Repertoire unserer subventionierten Belustigungs- und Bildungsanstalten gehört, glaubt es sich eine Stadt wie München leisten zu können, Arnold Wesker auf ihren Bühnen glatt zu unterschlagen. Fünf Jahre, nachdem das erste Stück des Engländers in deutscher Übersetzung publiziert wurde, hat es in München noch keine Wesker-Aufführung gegeben. Selten also konnte die unter Berufung auf den Art. 5 des Grundgesetzes gegründete Lesebühne der HU ihre Existenzberechtigung besser beweisen als an den beiden Abenden der vergangenen Woche, die Weskers ‘Goldene Städte’ im Studio an der Occamstraße vorstellten. Walter Ohm hatte eine praktikable Lesefassung inszeniert, die vermutlich mehr von dem Stück vermittelt als eine konventionelle Inszenierung es könnte – die notgedrungen auf szenische Andeutungen beschränkte Lesung erzeugt einen brecht’schen Grundgestus, der Weskers Intentionen sehr angemessen ist.“

2. „Notstand. Dokumente, Dialoge, Szenen und Songs über ein Gesetzeswerk und seine Folgen“: Mit dieser bühnenwirksamen Montage gastierte das Ensemble der Lesebühne am 27. Januar 1967 in einer Gemeinschaftsveranstaltung der Münchner HSU mit 7 anderen Studentenverbänden. Musik: Joachim Faber; Regie: Walter Ohm.

Vorschau: Im Mai 1967 führt die Lesebühne voraussichtlich gemeinsam mit der IdK die satirische Antikriegs-Revue „Hurra – wir sterben“ auf, die der Theater- und Kabarettautor Klaus Budzinski nach Motiven des Musicals „Oh what a lovely war“ von Joan Littlewood verlasst hat.

Auf Einladung des Pariser „Goethe-lnstituts“ wird die Lesebühne Ende 1967 mit den „Dialogen über Deutschland“ von Richard Matthias Müller in Paris und anderen französischen Städten gastieren. Die Interpretation der Dialoge übernehmen wieder Hans Schweikart und Hans Clarin.


Mitteilungen der Humanistische Union 30 vom Februar/April 1967, 10.

Überraschung

Jahr: 1967
Bereich: Kunst/Kultur

Referenzen