Flusslandschaft 1958
Frauen
Am 21. und 22. März organisiert die Münchner Gruppe der Weltorganisation der Mütter aller Nationen (W.O.M.A.N.) Autokorsos mit Transparenten, die gegen Atombombenversuche und gegen die geplante atomare Aufrüstung der Bundeswehr protestieren. Lautsprecherdurchsagen zitieren den Papst, das „Göttinger Manifest“ und den Appell Albert Schweitzers.1
Am 2. April kommt es bei der W.O.M.A.N.-Vorsitzenden Christel Küpper zu einer Hausdurchsu-
chung und Beschlagnahmung der Barschaft.2 Das Amtsgericht begründet dies mit einer behördlich nicht genehmigten Spendensammlung. In München gilt die W.O.M.A.N als Arbeitskreis der Inter-
nationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF).
Am 12. Juni protestieren tausend Frauen gegen die Atombewaffnung. Es sprechen Hildegard Brü-
cher, Gertrud von Le Fort, Elisabeth Heimpel und Inge Aicher-Scholl.
Am 1. Juli tritt das Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau in Kraft. Es erweitert die Befugnisse der Ehefrau insbesondere im Familien-, Ehe- und Vermögensrecht. Es tastet aller-
dings die praktische Benachteiligung der Frau im Arbeitsrecht nicht an. Der durchschnittliche Stundenlohn von Frauen ist erheblich niedriger als der der Männer.
„Gedankenloses Gerede — Viele jungverheiratete Frauen müssen in die Arbeit gehen, da der Mann nicht so viel verdient, um die Geldmittel für die neue Wohnung herbeizuschaffen. Abgesehen von dem Mietpreis von etwa l00 DM muss ja auch der in die Tausende gehende Baukostenzuschuss flüssig gemacht werden. Das Gerede vom hohen Lebensstandard des Arbeiters besteht zu Unrecht. In jedem Fall zurückzuweisen ist das gedankenlose Gerede: ‚Ja, die Frau geht halt auch in die Ar-beit, damit ein schönes Leben zu führen ist.’ O. Reitberger, München“3
(zuletzt geändert am 30.4.2024)
1 Siehe https://ifzinfra.hypotheses.org/1440.
2 Laut Institut für Zeitgeschichte, München, findet die Hausdurchsuchung im Mai statt.
3 Metall. Zeitung der IG Metall für die Bundesrepublik Deutschland 25 vom 10. Dezember 1958, 15.