Materialien 1971

Presseinformation des Münchner Kunstvereins

In einem von Kultusminister Meier unterzeichneten Brief vom 15. März 1971 an die 1. Vorsitzende des Kunstvereins München, Frau Dr. Madelung, teilt das Kultusministerium mit, dass selbst ein vom Landtag gebilligter Staatszuschuss an den Kunstverein erst nach halbjähriger Überprüfung der Arbeit unter dem neuen Vorstand und nach erneuter Vorlage mehrerer Rechenschaftsberichte von seiten des Kunstvereins zur Auszahlung käme.

„In diesem Zusammenhang wird darauf aufmerksam gemacht, dass im Hinblick auf die Zweckbestimmung der zur Bezuschussung von Kunstvereinen zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel ein Staatszuschuss nicht einem Verein, der politische Propaganda betreibt, gegeben werden kann.“

Kaschiert wird dieser politische Angriff auf den Kunstverein München mit einem Hinweis auf die angespannte Haushaltslage.

Dem Kultusministerium war bekannt, dass es mit dem Staatszuschuss ein Mittel an der Hand hatte, den damals in Konkurs stehenden Kunstverein zu Fall zu bringen.

Um dieses Mittel voll einsetzen zu können, hat das Kultusministerium die oben zitierten Verstöße gegen die Regeln der parlamentarischen Demokratie und gegen das Grundgesetz, Art. 5, in Kauf genommen. Es droht, auch gegen den Beschluss des Landtags, bewilligte Mittel nach eigenem Gutdünken auszuzahlen und kündigt eigenmächtig eine inhaltliche Zensur der Arbeit des Kunstvereins an, von der erneut die Auszahlung des Zuschusses abhängig gemacht werden soll. Durch dieses Verhalten wird – auch in einem so ungewichtigen Fall – das Parlament lächerlich gemacht. Dass vom bayrischen Kultusministerium der Art. 5 des Grundgesetzes missachtet wird, ist ja schon gewohnte und zu erwartende Übung. Es ist zu hoffen, dass die Anfrage von 17 Abgeordneten der Opposition hier Aufklärung bringt.

Bedauerlich ist, dass das Kultusministerium seine Verzögerungstaktik in beleidigender Weise offen und primitiv durchführt. Es fühlt sich in seiner Macht so sicher, dass es kein Blatt vor den Mund nimmt und öffentlichen Vereinen eindeutig parteipolitische Ziele und Verhaltensweisen oktroiert.

Alle nicht im Sinne christlich-sozialer Parteipolitik liegenden Aktivitäten werden als falsche Politisierung verworfen und mit allen Mitteln bekämpft. Die parteipolitisch orientierten Interessen des Kultusministeriums stehen den auf umfassende Information über alle mit Kunst zusammenhängenden Probleme zielenden Interessen eines Kunstvereins gegenüber. Wenn Parteiinteressen zu Staatsinteressen deklariert werden, ist Demokratie gefährdet. Wir wollen und werden gegen diese Verfälschung demokratischer Grundsätze weiter die in unserer Möglichkeit liegende Arbeit zur Information der Mitglieder des Kunstvereins und der interessierten Münchner Mitbürger leisten.

Der Konkursantrag konnte zurückgezogen werden.


tendenzen. Zeitschrift für engagierte Kunst 77 vom August/September 1971, 186 f.

Überraschung

Jahr: 1971
Bereich: Kunst/Kultur

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