Materialien 1973

Was bedeutet der „rosa Plan“?

Eins vorweg: Der Rosa Plan ist nicht schlecht. Er ist ein erster Schritt zur Rettung unseres Wohngebiets.

Ob er allerdings entstanden wäre, wenn nicht die Münchner Bürgerschaft durch geharnischte Protestaktionen die Politiker in Trab gebracht hätte, steht auf einem anderen Blatt, das wollen wir nicht erörtern.

Immerhin wurden 210 Mitarbeiter der Stadtverwaltung viele Monate auf diesen Plan angesetzt und zwar mit dem Ziel, „erhebliche“ Teile der Münchner Innenstadtrandgebiete, also auch die Maxvorstadt als „überwiegende“ Wohngebiete einzustufen. An sich hätte die Stadt damit eine der Hauptforderungen der Aktion Maxvorstadt aufgegriffen: Weg vom Kerngebietsbeschluss des Jahres 1965!

Das sei dankbar anerkannt. Bis es aber wirklich soweit ist, bis der unverbindliche Rosa Plan übergeführt wird in den neuen verbesserten Flächennutzungsplan, dürfte noch viel Wasser die Isar hinunterfließen.

Zuviele Interessen der Hausbesitzerschaft, der Bau- und Bankwirtschaft, der Staatsbürokratie arbeiten dem zäh und verbissen entgegen.

Leider bringt uns nicht einmal der neue Flächennutzungsplan die endgültige Rettung, das beweist die skandalöse Entwicklung im Lehel, wo der Kerngebietsbeschluss zwar bereits aufgehoben ist, aber nach wie vor munter abgerissen wird.

Trotzdem: Der neue Flächennutzungsplan ist die gesetzliche Voraussetzung für eine Wendung zum Besseren!

Darüberhinaus nützt es natürlich wenig, wenn zunächst der „Rosa Plan“ und später der Flächennutzungsplan für unser Gebiet „Wohnen“ vorschreibt, das Wohnen für uns Alteingesessene jedoch unerschwinglich wird.

Beispiel: Die Luxuswohnanlage, die zwischen Amalien- und Türkenstraße entstehen soll, und der viele billige Altbauwohnungen zum Opfer gefallen sind. Da heißt es wachsam sein!

Zum dritten wollten wir darum gebeten haben, dass die Verwaltung und der Stadtrat die betroffene Bevölkerung in den Entscheidungsprozeß, der vom Rosa Plan zum neuen Flächennutzungsplan führen soll, verstärkt einschaltet, nachdem es der Bevölkerung schon nicht vergönnt war, am Rosa Plan selbst mitzuwirken.

Offene Planung tut not: Das zeigt der Fall des Unierweiterungsprojekts an der Amalien-/Schellingstraße mit all den dubiosen Nebenumständen, den Kündigungen, Räumungen, Wiedervermietungen, der Erstellung eines Bebauungsplans, obwohl noch 2 unverkaufte und unverkäufliche Anwesen im Planungsgebiet liegen usw.

Trotzdem ist dieses Gebiet im Rosa Plan als Universitätsgebiet ausgewiesen. Wir sind gemeinsam mit dem Bezirksausschuss gegen einen weiteren Ausbau der Universität auf Kosten der Wohnbevölkerung. Daher fordern wir, dass dieses Gebiet zur weißen Zone umgestuft wird, um über dessen Nutzung nochmals diskutieren zu können.

Immerhin: Der Rosa Plan dürfte schon heute den einen oder anderen Spekulanten davon abhalten, sich in unserem Gebiet zu engagieren, weil er damit rechnen muss, dass der Erwerb eines Wohnhauses sich nicht auszahlt, wenn an seiner Statt kein Büropalast (mit einer höheren Rendite) hochgezogen werden darf.

Jetzt war so lange von Rosa Plan die Rede, und Sie wollen sicher wissen, woher er den blumigen Namen bezieht. Vielleicht interessieren Sie noch weitere Einzelheiten ?

Lassen wir einen Fachmann zu Wort kommen:

Als weiterer Schritt zur Vorbereitung einer Änderung des Flächennutzungsplanes für die Innenstadtrandgebiete steht der vom Stadtentwicklungsreferat vorgeschlagene „Rosa Plan“. Der diesbezügliche Beschluss des Stadtrates enthielt als Zielvorgabe die Feststellung, dass erhebliche Teile der Innenstadtrandgebiete im neuen Flächennutzungsplan für eine überwiegende Wohnnutzung angesprochen werden sollen. Entsprechend dieser Priorität wurde für bestimmte Gebiete eine eindeutig positive Festlegung bezüglich einer bestimmten Art der baulichen Nutzung, nämlich der des Wohnens, getroffen.

Diese Gebiete sind auf einer Karte der Innenstadtrandgebiete als sog. „Rosa Zonen“ dargestellt. Daneben sind weitere Gebiete in grauer Farbe als „Graue Zonen“, in weißer Farbe als „Weiße Zonen ausgewiesen, „bei denen die Festlegung ‚Wohnen’ nach heutigem Erkenntnisstand nicht pauschal getroffen werden kann, weil dort – vorbehaltlich näherer Bestimmung – auch Standorte für zentrale Funktionen (etwa der Versorgung) gefunden werden müssen.

Der Beschluss trifft vorweg für die Rosa Zonen eine entwicklungspolitische Grundsatzentscheidung über die künftige Nutzung der in Rede stehenden Gebiete als Wohnbauflächen. Es muss daher ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass diese politische Zielvorstellung nicht die Qualität eines FIächennutzungsplans hat und damit die Karte auch keine Darstellung im Sinne des Flächennutzungsplanes enthält.

Der Rosa Plan ist also lediglich eine politische Willensäußerung des Stadtrats, der allein an den oben angeführten Rechtsverhältnissen nichts zu ändern vermag.

Zusammen mit dem Instrument der Zweckentfremdungsverordnung, die zumindest die Erhaltung von Wohnraum durchsetzbar macht, ist der Rosa Plan ein – wenn auch nur unzureichender – dennoch positiver Schritt.


Maxvorstadt aktuell. Zeitung der Aktion Maxvorstadt. Überparteiliche Bürgerinitiative Nr. 8 und 9 vom Juni 1973, 1 ff.

Überraschung

Jahr: 1973
Bereich: Stadtviertel

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