Materialien 1973
Sehr geehrte Anwohner!
Wolfgang Brost
Distriktvorsteher des 9. Stadtbezirks
(Wiesenviertel)
München 2, Uhlandstr. 2
Sehr geehrte Anwohner!
Als Distriktvorsteher in Ihrem Wohnbereich halte ich es für meine Pflicht, Sie davon in Kenntnis zu setzen, dass das Hotel Wagner in der Uhlandstraße 4 am 30.9.1973 seinen Betrieb einstellt und das Betriebs- und Krankenhausreferat der Landeshauptstadt München beschlossen hat, dieses Hotel in eine Drogenklinik für Rauschgiftsüchtige bzw. ein Rehabilitierungszentrum für den gleichen Personenkreis einzurichten.
Der Bezirksausschuss ist von diesem Beschluss vom 24. Mai 1973 nicht unterrichtet und somit praktisch vor vollendete Tatsachen gestellt worden.
Es besteht überhaupt in keiner Hinsicht eine Notwendigkeit, ausgerechnet im ruhigsten Teil unseres Wohnbezirks dieses Asyl zu errichten, und ich halte es für meine Pflicht, alle Anwohner vorsorglich darauf hinzuweisen, mit welchen Widrigkeiten und Belästigengen zu rechnen ist.
Wer die Typen kennt, die rauschgiftsüchtig geworden sind, wie sie sich benehmen, wie sie keiner Arbeit nachgehen und für die Mitwelt nur eine Belästigung darstellen, der kann sich heute schon ausmalen, wie unsere Nachbarschaft in der Uhlandstraße in kurzer Zeit aussehen wird.
Ich bitte Sie, im eigenen Interesse und im Wissen um die Gefährdung unserer Angehörigen und unseres Besitzes, durch Ihre Unterschrift auf beiliegender Namensliste zu bestätigen, dass Sie es unter gar keinen Umständen hinnehmen werden, diese „Drogenklinik“ bzw. „Rauschgiftsüchtigen-Asyl“ in der Uhlandstraße 4 untergebracht zu wissen!
Hochachtungsvoll
Wolfgang Brost
Blatt. Stadtzeitung für München 7 vom 28. September 1973, 11.