Materialien 1975
familienlem
nix is so griawi und bequem
ais wiara scheens familienlem
wamma um an disch rum hoggd
und koana was zum andan sogd
(do sog i:)
bfiadde mama, bfiadde babba
i seil mi ob weis mia jez glangd
i hogg me auf mein feiaschdui
und far a wengal umanand
mei bruada hoggd in schdadlheim
mei kloane schwesda fixd
mei muadda ged heid nachd aufn schdrich
und da fadda woas fo nix
oan onkl suachas üwaroi
da anda is bolizisd
mei grosmuadda schbind im schbidoi
unsan fiffi hod da bliz dawischd
da feanseh laffd da nachba blead
und fozzd sei oide zamm
do wissma glei wia guads uns ged
und wia zinfti dasmas hom
(do sog i:)
bfiadde mama, bfiadde babba
i seil mi ob weis mia jez glangd
i hogg me auf mein feiaschdui
und far a wengal umanand1
Carl-Ludwig Reichert um 1975
Carl-Ludwig Reichert/Michael Fruth, ois midnan, Feldafing 1980, 71.
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1 Familienleben. // Nichts ist so wunderschön und bequem / wie ein schönes Familienleben, / wenn man um einen Tisch herumsitzt / und keiner etwas zum anderen sagt. / Da sage ich: / Auf Wiedersehen Mamma, auf Wiedersehen Pappa, / ich gehe weg, weil es mir jetzt reicht. / Ich setze mich auf mein Moped / und fahr ein wenig herum. / Mein Bruder sitzt im Gefängnis Stadelheim, / meine kleine Schwester fixt, / meine Mutter geht heute Nacht auf den Strich / und der Vater weiß davon nichts. / Überall suchen sie den einen Onkel, / der andere ist Polizist, / meine verrückte Grossmutter befindet sich im Spital, / unseren Fiffi hat der Blitz erschlagen. / Das Fernsehen läuft, der Nachbar brüllt / und schlägt seine Frau zusammen. /Da wissen wir gleich, wie gut es uns geht / und wie zünftig wir es zu Hause haben. / Da sage ich: / Auf Wiedersehen Mamma, auf Wiedersehen Pappa, / ich gehe weg, weil es mir jetzt reicht. / Ich setze mich auf mein Moped / und fahr ein wenig durch die Gegend.