Materialien 1976

Wie alles weitergeht: Die Beschlagnahmung der Beschlagnahmung

München (ID) 28. April

Am Mittwochmorgen, 28.April, fanden sich 3 Zivilbeamte der Münchner Kriminalpolizei in der Basis Buchhandlung ein, um die Dokumentation des Trikont Verlags zur Beschlagnahme des Baumannbuches zu beschlagnahmen. Einen Beschlagnahmebeschluss hatten sie nicht bei sich, dafür das obskure Argument „Gefahr im Verzug“ (bei einem Druckerzeugnis, das seit Wochen in linken Buchhandlungen verkauft wird!)

Die Herren beanstandeten, dass bei der Dokumentation das Impressum fehle. Man zeigte ihnen, dass es gleich auf Seite 2 zu finden ist. Sie reagierten zunächst etwas ratlos. Dann fiel ihnen ein, dass in der Dokumentation Gerichtsbeschlüsse wörtlich zitiert seien und somit der Tatbestand einer strafbaren Handlung erfüllt sei. Auch hier wurde ihnen klargemacht, dass sie sich im Irrtum befinden. Zitiert wird aus dem Buch von ‚Bommi’ Baumann, nicht aus Gerichtsbeschlüssen. Der nächste Einfall war, dass im Bericht über Karl-Heinz Roth staatsverleumderische Aussagen getan werden. Es handelt sich um Berichte über Verhörmethoden. Roth wurde mehrmals verhört, als er gerade aus der Narkose aufgewacht war. Fazit: so wenig schert sich der Staat um die Gesundheit und das Leben Inhaftierter. Es ist schon unglaublich zynisch, dass die Beamten die Veröffentlichung derart inhumaner Haftbedingungen als „Staatsverleumdung“ deklarieren. Die noch vorhandenen Dokumentationen wurden beschlagnahmt.

Dann entdeckten sie – blass vor Aufregung – folgendes: die beschlagnahmte Seite des letzten BLATT war als Fotokopie dem BLATT beigelegt. Angeordnet war, die Seite entweder zu entfernen oder die aufsehenerregende Figur (einen Menschen, der angeblich eil! Molly wirft) zu schwärzen. Diese Tatsache brachte sie reichlich aus der Fassung. Kurze Zeit später fand eine Durchsuchung in der Redaktion des BLATT statt.

Bis Donnerstagabend blieb der Trikont Verlag verschont von ihrem Besuch.


Informations-Dienst zur Verbreitung unterbliebener Nachrichten ID 123 vom 1. Mai 1976.

Überraschung

Jahr: 1976
Bereich: Bürgerrechte

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