Flusslandschaft 1960

Gedenken

Josef Leonhard Roth, Ordensname Korbinian, Dominikaner, geboren am 28. Mai 1904 in Salden-
burg im Bayerischen Wald, 1931 in Köln zum Prediger geweiht, eingeliefert 1943 ins Konzentra-
tionslager Dachau, übernimmt nach 1945 die seelsorgerische Betreuung internierter SS-Angehö-
riger. Er erhält die Kuratie des 1948 in Dachau eingerichteten Flüchtlingslagers und protestiert 1960 gegen eine geplante Beseitigung der Reste des Konzentrationslagers. Öffentlich protestiert er gegen den Dachauer Bürgermeister Hans Zauner, dem er Kollaboration mit dem NS-Regime vor-
wirft. Bei der Einweihung der „Todesangst Christi-Kapelle“ erwähnt er, dass er als einziger katho-
lischer Geistlicher im KZ den schwarzen Winkel der Kriminellen getragen habe. Daraufhin ruft ihn Weihbischof Neuhäusler von seinem Posten ab. Roth wird am 15. August 1960 bei Braz in den Vor-
alberger Alpen tot aufgefunden. Bis heute gibt es keine vollkommene Klärung der Umstände seines Todes.1

Im ehemaligen Krematoriumsgebäude des Dachauer Konzentrationslagers wird ein provisorisches Museum eingerichtet.

„Verhaftet, mehrere Stunden im Münchener Polizeipräsidium festgehalten und unter Anklage we-
gen groben Unfugs wieder entlassen wurde H.A.P. (hap) Grieshaber, schwäbischer Holzschneider von internationalem Ruf am 18. Oktober in der Oktoberfeststadt. Grieshaber hatte mit zwei Kunst-
schülern versucht, selbstgedruckte Plakate mit Auszügen aus einer Brandrede Hitlers gegen die Moderne am Haus der Kunst anzukleben. Als Anlass diente ihm dazu die Eröffnung der ersten Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes in München, den der Braunauer Zeichenlehrer in die-
sen Räumen beschimpft hatte und 1936 verbieten ließ. Wohlmeinende Gegner politischer Aktivität moderner Künstler und echte Dummköpfe brachten es dahin, dass Grieshabers Erinnerungs-De-
monstration missverstanden und als ‚Versuch zur Verbreitung nazistischen Gedankengutes’ von einer Peterwagenbesatzung beendet und in einem zusätzlichen Anklagepunkt vom Kadi geahndet werden soll. Während Grieshaber als einer der bekanntesten Opponenten während und nach den Nazijahren vor diesem Verdacht gründlich geschützt ist, lässt die polizeistaatliche Übereifrigkeit vor den Toren der deutschen Diktatur-Walhalla lehrreiche Geschichtsparallelen erkennen. – Gries-
habers Schüler blieben übrigens mehrere Tage in Haft. ‚Denkzettel’ brummte ein Beamter, den wir nach den Gründen für diese verschiedenartige juristische Persönlichkeitsbewertung fragten.“2


1 Siehe Richardis „Leonhard Roth“; vgl. dazu Ferdl Miedaner: „Ehrung des Dachau-Häftlings Pater Roth?“ in den Infor-
mationen der Lagergemeinschaft Dachau e.V. 1-1986/87, 10 f. sowie Nachruf von Eugen Papst und Brief Roths an Papst vom 8. April 1960 in den Informationen der Lagergemeinschaft Dachau e.V. 2/1987, 7 f.

2 tendenzen. Zeitschrift für engagierte Kunst 5 vom November 1960, 17.

Überraschung

Jahr: 1960
Bereich: Gedenken

Materialien