Materialien 1977
Repression
Das ist Druck von außen zunächst.
Da gibt es die papierne Ebene, Paragraphen, Erlässe, Verordnungen, Beschlüsse. Weit weg von mir in Büros, in Behörden beschlossen, erlassen, erarbeitet, alles zum Schutz der Bürger vor sich und den anderen, verdeckt vom Mäntelchen der Rechtsstaatlichen Ordnung. Auf dem Papier wird da geschnipselt, Stückchen auf Stückchen vom Leben, vom Denken, vom Mut sich zu wehren abgeschnitten.
Auf dem Papier das Verbot zu existieren. Was nach Leben schmeckt, ist gefährlich für die Ordnung, also verboten.
Das nächste: Die Menschen die mit den Papieren, den Befugnissen, der Ordnung im Kopf und z. B. dem Durchsuchungsbefehl in der Hand und der Knarre im Halfter zu mir kommen, etwa in den Buchladen.
Die Recht haben, weil sie stärker, weil sie die Hüter der Ordnung sind. Ihrer, nicht meiner.
Die leibhaftigen Vertreter der Repression, die Bullen. Verkörperung von Macht, von Lebensfeindlichkeit, von Angst. Durch unzählige Tag und Nacht Angstträume sind sie mir schon getaumelt.
Und dann die Repression von innen, die Besetzung des Kopfes und Körpers mit Angst und schlechtem Gewissen.
Die Schwitzefinger wenn ich Uniformen seh.
Die Wut auf die, die über mich verfügen dürfen per Gesetz.
Repression, der Verlust der Sprache, schon ist es verboten noch öffentlich Widerstand, Veränderung zu diskutieren.
Hier: Bücher werden verboten, ganze Reihen, von Verlagen eingestellt.
Oft sage ich, das gibt es nicht mehr, können wir leider nicht verkaufen.
Das gibt es nicht, das Verbot von Denken, Schreiben, Sprechen. Das laut zu machen, was mich bewegt.
Axel Rühle, Basis Buchhandlung, München
Entwicklungen . Künstlergemeinschaft Erich Mühsam, München 1978, 42.