Materialien 1978

Afrika hier - on my way back

Die Afrikaner oder Schwarzen, die hier in München leben, sind nicht viel an der Zahl, gemessen an der Größe und an der Konfliktsituation in Afrika. Ein Schwarzer muss nicht Afrikaner sein, da viele ihren Aufenthalt nur durch eine andere Staatsangehörigkeit (Pass) legitimieren können. So hat er am besten einen Pass aus einem Land innerhalb der EWG, um hier auch arbeiten zu können. Die Afrikaner werden nach meiner ca. 1½ jährigen Erfahrung mit dem Rassenproblem geradezu verfolgt, man will sie nicht, obwohl sie ja wie die Irren konsumieren und so ihren Teil für unsere Wirtschaft reichlich beitragen (Mode, Discotheken, Alkohol).

Sie werden gewollt, oder besser – falls sie verheiratet sind und somit integriert, als exotisches Beiwerk, billige Arbeitskräfte, als Konsumenten akzeptiert.

Und eigentlich entstehen die Ursprünge der Illegalität schon früher: Weil sie vielleicht eine weiße Frau lieben, hier bleiben wollen. Für viele gibt es kaum eine Chance in Afrika einen annähernden Lebensstandart wie hier zu erreichen. (Ich möchte hier hinzu fügen, dass es unsere und die nächste Generation sein wird, die sich mit den politischen Problemen herumärgern können, und vieles wieder gut machen müssen, was unsere Eltern falsch machten, also kann es nicht die Rechtsprechung der Älteren sein, die hier gilt, sondern, es muss gelten, was die jüngeren Leute sagen.)

Der Staat nützt auf der einen Seite die Konsumfreudigkeit der Schwarzen aus, – sie sind gesellig – auf der anderen Seite werden sie nach den bekannten drei Monaten rausgeschmissen, Arbeitserlaubnis gibt’s eben fast nur, und dann nicht sehr einfach, wenn sie verheiratet sind. Oh, Moral, die geht samt Romantik sowieso flöten. Bewahren will man die Afrikaner aber nicht vor dem sozialen Verfall, dem sie hier natürlich noch mehr ausgeliefert sind, denn man profitiert auch von ihnen und wenns nur die Musik ist. Andererseits waren die Schwarzen lange genug die Dummen, meine ich mal ganz klar gesagt, damit sollten wir uns abfinden.

Selbst erlebt habe ich, dass ein Freund letztes Jahr über Weihnachten im Gefängnis saß in Einzelhaft, ca. 4 Wochen, weil er versucht hatte afrikanische Figuren zu verkaufen. Wegen der gleichen Sache wurde er später ausgewiesen. Wenn der Wirt einverstanden ist, warum soll da jemand etwas nicht verkaufen, das sind keine Beträge, die ins große Gewicht fallen!

Mein schwarzer Freund und ich wollten wegen seiner Ausweisung nach Frankreich. Der Zug sollte an der Grenze bereits abfahren, da wurde er bzw. wir aus dem Zug geholt. Wir probierten es nach ca. 2 Stunden wieder mit dem Bus, man wies uns wieder ab, bzw. ihn. Man kontrollierte meinen Aktenkoffer ca. 4 mal, gleiche Leute, gleicher Koffer, innerhalb von ca. 2 Stunden. Einmal oder zweimal hätten wohl gereicht, weil sie ganz genau kontrollierten. Die Franzosen waren arrogant und ein alter deutscher Zöllner cholerisch. Mein Freund wollte die Grenze dann in der Dunkelheit ‚schwarz’ passieren, ich hielt ihn davon ab, da ich Angst um ihn hatte (die schießen ja auch gleich wie die Wilden). Wir mussten also weiter, Grenzen, Hotels – Geld, Geld schließlich fast 2.000 DM für einen Pass, dann wird man nebenbei gelinkt, weil man noch nicht so kriminell ist, sondern doof. Okay.

Nicht doof sein heißt vielleicht: Ein Zuhälter sein mit Geld, verheiratet, – der braucht in dem Staat keine Bange zu haben, vor dem müssen wir noch Schiß haben. Und die neuen Afrikaner, die nachkommen, werden früher oder später unterdrückt von denen – oder einigen Reichen. Das ganze ist scheußlich: Eheschließungen wegen Aufenthaltsgenehmigungen usw. – Moral – Vielleicht gibt es jetzt zum Ausgleich diese Eheschließungsverträge für Ehen zwischen Deutschen.

Mein Freund und ich sind getrennt, es war zuviel Stress, wir hatten kaum Zeit für uns, dauernd Angst, Stress, Geld organisieren, Jobben, Suff, Frustration, Eifersüchteleien, man hat zuwenig Zeit für den anderen, sieht abgefuckt aus usw. Dieses Weihnachten wünsche ich den Gesetzgebern und denen, die daran mitarbeiten an diesem Scheiß: Fuck your christmastree.

Ich fühle mich vieler Zeit bestohlen, wo ich mich nicht mit meinem Freund auseinandersetzen konnte. Wir hatten keine Zeit, geschweige denn Muße, zur Disziplin – uns wieder klarzukriegen. Und deshalb werd ich dieses mein Vaterland auch sehr bald verlassen, denn seit Jahren öffnet man mir hier laufend die Augen bis zur Mondgröße, wie verlogen und korrupt hier alles ist. Und da nehm ich kaum einen Politiker aus. Seit 1969 war ich in der ‚Scene’ und heute versteh ich längst jeden, der ein Instrument in die Finger nimmt um das kaputt zu machen, das ihn oder meistens geliebte Menschen oder Freund zerstört. Das ist simple Politik!

Die Weltpolitik, die ohne die direkte Forderung des Einzelnen aus seiner Notsituation betrieben wird, ist oft Waffenspiel mit Folge: Mord. Oder meinen sie, weil sie vielleicht im Polster fletzen, muss der andere Christus spielen oder sich einen fetten Hintern anfressen, weil sie vielleicht auch einen haben?

Und auch die Neger kommen nach Hause zurück und berichten vom Sündenpfuhl Europa. Auch die Brutalität lernte man kennen, sonst wurde meist nichts gezeigt. Der Rassismus muss unweigerlich zur Reaktion führen, solange jemand noch einigermaßen gesund ist: Vergewaltigungen, Schläge (die eigene Frau wird verprügelt. vielleicht vorher bei einer Prosti gewesen und dann Reaktion wie kleines Kind – oder hohe Moral, aber halt kein großes Vertrauen in die Frau auch als Freund — schlechtes Gewissen – Prügel. Schlechte Erfahrung mit Weißen und dann Trouble mit „weißer Frau“.

Ich lehne die Regierung ab, die Gesetze anwendet, die ermöglichen: wer heute wegen einer erfolgten Vergewaltigung zur Polizei geht um Anzeige zu erstatten, hat Demütigungen zu erwarten (sicher nicht überall). Eine Freundin aus Bolivien wurde tätlich angegangen und – milde ausgedrückt – krankenhausreif geschlagen. Das Verfahren wurde eingestellt! Sollte der Typ die Finanzen haben sich nicht erwischen zu lassen, dann wird die Sache eingestellt. Ein unbemittelter Afrikaner, der dieses Delikt begangen hat, muss mit schärfsten Maßnahmen rechnen. Denn ein Afrikaner ist hierzulande immer noch so etwas wie ein potentieller Sexprotz, der auch zu Neid anregt, besonders bei dummen Menschen.

Kurz noch zu den Afrikanern: Afrikanos sind oft sehr straight, wage nicht sie zu belügen, willst du sie als Freund, sei offen auch wenn’s schwer ist. Sie kochen verflucht gut! (Es gibt kein afrikanisches Restaurant in München). Sind teilweise irre schön, bella natura! Und behielten das Göttlich-Kindliche, Gott erhalt’s ihnen. Wie Wasser – ich lernte sie achten.

P.S. Sollte ein Freund von mir nochmal vor Gericht kommen, z.B. aus rassistischen Gründen, werde ich VOLL DA SEIN!

Marlies


Blatt. Stadtzeitung für München 136 vom 22. Dezember 1978, 8.

Überraschung

Jahr: 1978
Bereich: AusländerInnen

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