Flusslandschaft 1960
SPD
Dr. Hans-Jochen Vogel, gerade erst 34 Jahre alt, wird mit sensationellen 64,2 Prozent der Stim-
men der Bevölkerung am 27. März zum Oberbürgermeister gewählt. Er behält das Amt bis 1972.
Eine gegenüber der Mutterpartei SPD loyale Fraktion spaltet sich vom 1947 gegründeten Sozialisti-
schen Deutschen Studentenbund (SDS) als angeblichem „trojanischen Pferd Pankows“ ab und gibt in Bonn die Gründung eines Sozialdemokratischen Hochschulbundes (SHB) bekannt. Der Partei-
vorstand der SPD begrüßt daraufhin am 23. Mai die positive Haltung des SHB zum Godesberger Programm und die Ablehnung des Kommunismus. Am 19. Juli bricht die SPD alle Beziehungen zum SDS ab und verkündet schließlich am 8. November 1961 den Unvereinbarkeitsbeschluss einer Doppelmitgliedschaft in SDS und SPD.1
Am 5. Juni sagt Herbert Wehner in München: »Wir bekennen uns zum freien Westen und seiner Verteidigung mit allen Mitteln … Die atomare Bewaffnung der Bundeswehr ist eine Frage der politischen Notwendigkeit. Die SPD muss sich den gegebenen Notwendigkeiten beugen.«2
Auf Unterbezirksdelegiertenkonferenzen in München und in Frankfurt am Main erhebt sich am 9./10. Juli 1960 Kritik an der Politik der Parteiführung. In Resolutionen werden der Schwenk vom 30. Juni (Zustimmung zur NATO und zur Wiederbewaffnung) sowie die angekündigte Zustim-
mung zu den Notstandsgesetzen verurteilt.
1 Siehe „Wende nach links“ von Christian Gneuss.
2 Zit. in: Neues Deutschland, Berlin (DDR), vom 2. August 1960.