Materialien 1981

Bleibt froh und heiter, der Häuserkampf geht weiter!

Sonntag, 15. März 1981 kurz nach 20.00 Uhr, in dem leeren Bundeswehrhaus Albrechtstraße 31 in München Neuhausen herrscht reges Treiben. Kerzen werden in die Fenster gestellt, Transparente werden aufgehängt: „Wer Häuser leerstehen lässt ist ein Verbrecher.“ Die Stimmung unter den Be-
setzern ist ausgezeichnet, freudig werden aus dem Fenster immer neu anströmende Freunde be-
grüßt. Sie kommen aus den über dreißig Münchner Kneipen, in denen unsere Flugblätter verteilt wurden. Als um 20.20 Uhr der erste Polizeiwagen eintrifft sind schon weit über 150 Leute vor dem Haus.

Sprechchöre ertönen: „Auch wenn F.J. noch so hetzt, leere Häuser wern besetzt!“ Eine Gitarre ist auch dabei und so beginnt die Formierung eines Hausbesetzerchores, der immer neue Lieder zu bekannten Melodien reimt. „Leere Häuser muss man bsetzen“ oder „In der Albrechtstraß nachts um Halbeins“. Ein besonderer Hit wird: „Ei, Ei, Ei, Ei der Strauß muss weg!“ Die Menge vor dem Haus wächst auf 1.000 Leute an, viele winken uns herauf, Grußadressen treffen ein, von der GEW, von der ÖTV, von DKP, den Punks vom Blatt und vielen anderen. Plötzlich wird über eine Stricklei-
ter ein Kasten Bier hochgelassen, Brot fliegt hoch, ein Megaphon und Farben. Mit den Farben wer-
den die Innenwände unseres Jugendzentrums bemalt.

Mit dem Megaphon läuft die Information für die Leute auf der Straße besser. Wir können jeden über unser Vorhaben informieren. „Dieses Haus steht seit 1½ Jahren leer, in Neuhausen gibts kein Jugendzentrum. Wir wollen, dass in diesem Haus ein selbstverwaltetes Jugendzentrum eingerich-
tet wird oder dass das Haus sofort für Sozialwohnungen an junge Leute gegeben wird. Außerdem, so tönts übers Megaphon, solidarisieren wir uns mit dieser Aktion mit den 141 widerrechtlich ver-
hafteten Nürnbergern.“

Immer mehr Polizei trifft ein, bis zur Räumung werden es bestimmt 800 Mann! Wüst ausgerüstet mit Plexiglasschilden und langen Schlagstöcken, in der Hand die Chemiekeule, auf dem Kopf einen weißen Helm mit Visier. Im Hintergrund fahren Wasserwerfer und Krankenwagen auf. Die Polizei zeigt, was sie vorhat. Doch die Rechnung geht nicht auf. Immer wieder haben wir unter großem Beifall der Menge unten versichert, dass wir diese Aktion friedlich durchführen, dass von uns keine Gewalt ausgehen wird. Fernsehen, Zündfunk und Presse überzeugen sich an Ort und Stelle und die Süddeutsche berichtet am nächsten Tag über den Volksfestcharakter, den die Besetzungsaktion teilweise annahm.

Die Polizei reagiert verunsichert, immer wieder werden die Sturmtruppen ausgewechselt, weil sie in der Diskussion mit den Leuten vor dem Haus und durch unsere Megaphonansagen und Gesänge nicht mehr so dienstgeil sind, wies die Einsatzleitung wünscht .Um 2.00 Uhr nachts dringen unter Leitung von GSG 9-Leuten die ersten Bullen ins Haus ein. Vorher hatten sie aus der Menge vor dem Haus gezielt den Münchner DKP-Vorsitzenden Mathis Oberhof und die MSB-Vorsitzende Andrea Hempel verhaftet und einen anderen Teil brutal abgedrängt.

Obwohl wir friedlich auf dem Boden sitzen, die Hände vorzeigen (keine Waffen), schlägt die Polizei im Haus brutal alle Türen ein. Einige von ihnen sind sichtlich enttäuscht, dass sie nicht zuhauen können. Die nächsten 2½ Stunden werden zur Bürgerkriegsübung. Jeder von uns wird mehrfach fotografiert, auf Waffen durchsucht und schließlich in den Zeiserlwagen gesteckt. Doch auch hier und im Knast in der Ettstraße gehts munter her, Lieder werden gesungen.

Als wir am Montag gegen 17.00 Uhr alle wieder frei sind, geht die Action voll weiter. Am Mittwoch ist eine Großdemo geplant. Ein Bündniskomitee gründet sich und ein evangelischer Pfarrer über-
nimmt das Solidaritätskonto. Am Mittwoch demonstrieren dann über 5.000 Leute durch Mün-
chen!


Dokumentation Albrechtstrasse 31, 1981, 2.

Überraschung

Jahr: 1981
Bereich: Freizeit '81

Referenzen