Materialien 1981
Happy End?
PRESSEERKLÄRUNG
Wir, die Hausbesetzer der Blutenburgstraße 57 protestieren aufs Schärfste gegen die Berichterstat-
tung in der Mehrzahl der Medien. Wir weisen jeden Versuch zurück, unsere Hausbesetzung als ein abgekartetes Spiel zwischen Hausbesitzern und Hausbesetzern darzustellen.
Wir haben dieses Haus besetzt, um die Mißstände in der Wohnungspolitik aufzuzeigen und unsere Forderungen durchzusetzen.
Es ist ein großer Erfolg für die Häuserkampf-Bewegung, dass die Mehrheit der von Herrn Meier vertretenen Hauseigentümer keinen Strafantrag gestellt hat, und somit eine Räumung verhindert wurde. Wir stimmen mit den Hausbesitzern weitergehend darin überein, dass polizeiliche Gewalt keine Lösung der Wohnungsnot sein kann. Darüber hinaus haben wir jedoch deutlich verschiedene Positionen, wenn es um die Verwendung bzw. Nutzung des leerstehenden Wohnraums geht. Die von Herrn Meier vertretenen Eigentümer haben folgende Positionen:
Die Anzahl der Wohnungen würde durch den geplanten Umbau, d.h. Vergrößerung einzelner Wohnungen, verringert.
Hinzu kommt die geplante gewerbliche Nutzung einer Wohnung im Erdgeschoss, da Herr Meier hier seine Anwaltskanzlei einrichten will.
Das Plenum der Hausbesitzer dagegen ist sich über folgende Forderungen einig geworden:
1. Keine Wohnraumvernichtung! Erhaltung der Anzahl der leerstehenden Wohnungen mit zusätz-
lichem Ausbau des Dachgeschosses.
2. Keine Zweckentfremdung in Form der gewerblichen Nutzung.
3. Für die Wohnungen, für die kein begründeter Eigenbedarf vorliegt, soll mit Bedürftigen unter den Hausbesetzern Mietverträge abgeschlossen werden.
4. Über diese Forderungen werden wir weiterhin mit den Hauseigentümern verhandeln.
Weitergehend sind unsere Forderungen entsprechend der Bayerischen Verfassung:
Artikel 103: (2) Eigentumsordnung und Eigentumsgebrauch haben auch dem Gemeinwohl zu dienen.
Artikel 106: (1) jeder Bewohner Bayerns hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung.
(2) Die Förderung des Baues billiger Volkswohnungen ist Aufgabe des Staates und der Gemeinden.
Wohnraum, der ein Grundbedürfnis eines jeden Menschen ist, darf nicht länger zur Ware für profitgierige Spekulanten gemacht werden. Sofortige Anwendung der Zweckentfremdungsver-
ordnung.
Wohnungssuchende müssen das Recht haben, länger leerstehenden Wohnraum zu nutzen. Dies muss gesetzlich verankert werden.
Wir wenden uns gegen jede Kriminalisierung von Hausbesetzern und anderen Bürgern, die ge-
gen die Mißstände in der Wohnungspolitik protestieren. Alle Strafverfahren diesbezüglich müssen sofort eingestellt werden.
Wir wehren uns weiterhin gegen die Willkürmaßnahmen der Polizei wie z.B. die Anwendung der chemischen Keule gegen den Schriftsteller August Kühn und den Journalisten Chris Götz am er-
sten Abend der Hausbesetzung.
BLEIBT FROH UND HEITER, DER HÄUSERKAMPF GEHT WEITER!
München, 8. Juli 1981
Die Hausbesetzer der Blutenburgstraße 5
Münchner Zeitung 12 vom 15. Juli 1981, 11.