Materialien 1981

Abschied vom Leopoldpark

Presseerklärung der Aktion Maxvorstadt vom 20. März 1981

Ein 6jähriger Kampf ging zu Ende – oder war das Sterben bereits lange vorgeplant?

Und alle Hoffnung, Aktivität und Einsatz der Bürger nützten nichts. Hier wurde mit dem Bürgerwillen beispiellos frivol gespielt. Bis zuletzt.

Auf einen Brief der AKTION MAXVORSTADT am 27. Januar 1981 an OB Kiesl mit dem Inhalt, doch wie 1977 versprochen mit der Bürgerinitiative gemeinsam in Sachen Leopoldpark zum Kardinal zu gehen, antwortete er am 3. Februar noch, er müsste erst einen Bericht des Planungs-
referates abwarten. Ein erneuter Brief der AKTION MAXVORSTADT am 6. März 1981 blieb ohne Antwort, dafür waren am 16. März 1981 morgens um 7.00 Uhr die Motorsägen im Leopoldpark. Ein Teil der dabei abgesägten Bäume war schon 1977 genehmigt worden, andere wurden, vor ein paar Tagen nachträglich genehmigt, vernichtet. Das haben wir jetzt, nachdem schon 10 Bäume gefallen sind, erfahren.

Im Laufe von 6 Jahren hat die AKTION MAXVORSTADT zusammen mit den Schwabinger Bür-
gern mit viel Phantasie und unendlichem Einsatz alles nur Erdenkliche unternommen, um den Park zu retten. Kinderumzüge, Demonstrationen, Straßentheater, mehrere Feste im Leopoldpark, eine Unterschriftensammlung mit 10.000 Unterschriften fanden statt. Es gibt ein wunderschönes, tischgroßes Modell des Leopoldparks, das monatelang mahnend im großen Sitzungssaal des Land-
tags stand – nicht ganz ohne Erfolg. – Denn die Universität hat ihre geplante Bebauung tatsächlich reduziert. Die Stadt hat das Ihre dazu getan und den Park in Frühjahr 1978 für die Bürger geöffnet, – großer Jubel überall. Die Bürger glaubten, sie hätten den Kampf gewonnen. 3 stille Jahre vergin-
gen, die Bürger liebten und benutzten ihren Park, alte Leute, Kinder, Jugendliche; Sommer wie Winter. Nicht zu vergessen: Alle über 40 Parkbänke wurden von Bürgern gespendet.

Doch da kam die Kirche. Klammheimlich plante sie, den schönsten Teil mit den meisten und ältesten Bäumen mit einem Priesterseminar zuzubetonieren. Die AKTION MAXVORSTADT, „erfahrene“ Bürgerinitiative seit 10 Jahren, traute dem Frieden nicht; sie versuchte immer wieder mit dem Herrn Kardinal und dem Erzbischöflichen Ordinariat zu sprechen. Die Reaktion war aber nur eisiges Schweigen, bestenfalls Angriffe in der Öffentlichkeit mit dem Inhalt, die AKTION MAXVORSTADT lüge, wenn sie behaupte, die Kirche wolle im Leopoldpark bauen, bis hin zur Lächerlichkeit, als die Kirche feststellte, dort, wo sie baue, sei gar nicht der Leopoldpark!

Gehen Sie doch selber mal hin, schauen Sie sich die gespenstischen Löcher an, an deren Stelle vor einer Woche noch Bäume – bis zu 300 Jahre alt – ihre riesigen Kronen ausbreiteten. Sprechen Sie mit den Anwohnern der Georgen- und Friedrichstraße, die mit ihren Klagen bis zum Bundesver-
waltungsgericht gelangt sind. Vielleicht haben sie alle geträumt, sind einem Phantom nachgejagt?

Jetzt liegen an der Mauer fein säuberlich aufgeschichtet die bereits zerkleinerten Baumteile, die Äste sind sehr ordentlich zu einem Scheiterhaufen hochgetürmt – ein sauber gekehrter Friedhof!

Die Bürger Schwabings können nicht einmal mehr schreien, nur noch dumpfe Verzweiflung beherrscht sie. Verzweiflung nicht nur, weil die Bäume und der Park zerstört sind, sondern vielmehr, weil es möglich war, ihren Willen so mit Füßen zu treten – in unserer Demokratie.

Und das hat nicht zuletzt die Kirche getan, eine Kirche, die sagt „… das Ruhen des Rechts auf sittlichen Maßstäben ist die Voraussetzung für die Lebensfähigkeit der Demokratie“ (Kardinal Ratzinger, Tagung der Katholischen Akademie in Straßburg, Frühjahr 1979) und „… sich die Erde untertan zu machen, bedeute nicht, sie auszubeuten und zu vergewaltigen, sondern sie zu pflegen und zu entfalten, was in ihr sei“ (Fastenhirtenbrief März 1981)

In tiefster Betroffenheit
Ihre AKTION MAXVORSTADT
und die Schwabinger Bürger

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ViSdP: Helga Haisch, Adalbertstraße 6, 8000 München 40, Tel.: 089 – 33 33 63


10 Jahre Aktion Maxvorstadt 1971 – 1981, 216 f.

Überraschung

Jahr: 1981
Bereich: Stadtviertel

Referenzen