Materialien 1981

Hausbesitzer: „Diese linken Schweine“

NEUES VON DER MIETERFRONT

Das Haus Hübnerstraße 12 in Neuhausen ist bis jetzt ein ruhiges Haus gewesen. In dem 1912 ge-
bauten Altbau leben vorwiegend alte Leute. Ruhige Mieter, die meisten schon Rentenempfänger, einige stark körperbehindert, genossen sogar die Nachbarschaft ihrer Hausbesitzerin Frau Heil, die im 2. Stock ihre Wohnung hat. Kurz vor Ostern dieses Jahres änderte sich das. Seitdem ist Man-
fred Müller von der Kirchheimer Immobilien Verwertungs- und Verwaltungs-GmbH im Haus, um die Wohnungen der Mieter für teures Geld an „Kapitalanleger“ zu verkaufen.

Zuerst redete er den alten Leuten ein, sie bräuchten keine Angst zu haben vor Vertreibung. Dann erhöhte er die Mieten im Handstreich ab 1. August, indem er die Mieter unter Druck setzte. Wer nicht freiwillig unterschreibt, wird sofort verklagt, und das käme schließlich noch viel teurer, drohte er.

Die eingeschüchterten Mieter unterschrieben alles, was sie unterschreiben sollten. Nun will Herr Müller die Miete sogar ein weiteres auf DM 10 pro qm steigern. Auch Frau Braun, die im Augen-
blick einen Besuch in Amerika macht, wird dann die Miete nicht mehr zahlen können und aus-
ziehen müssen, wodurch sich der Kaufpreis nach Müllers eigener Einschätzung um DM 30.000
bis DM 40.000 erhöhen wird.

Wie rigoros das Gespann Müller/Boyko reagiert, wenn es sich bei seinen „Geschäften“ gestört fühlt, hat am Abend des 2. Juni 1981 ein Mitarbeiter der Aktion Lebensqualität erfahren müssen.

Zeugenbericht über den tätlichen Angriff auf unseren Mitarbeiter:

„Ich kam um 20 Uhr am 2. Juni 1981 (Dienstag) zum Anwesen Hübnerstraße 12 gefahren, um Herrn Müller für eine Wohnungsbesichtigung dieses Anwesens zu treffen. Nachdem ich meinen Wagen geparkt hatte, suchte ich die entsprechende Hausnummer. Als ich am Anwesen Hübner-
straße 14 vorbeiging, kam ein Herr aus der Haustür des Hauses Hübnerstraße 12. Plötzlich rannte er auf die gegenüberliegende Straßenseite, wo eine andere Person stand. Auf diesen Herrn stürzte sich der erste Herr mit Beschimpfungen wie ,Du Schwein’ und der Drohung: ,Ich schlage dich zusammen’. Dann sah ich, wie der Herr aus dem Hause Hübnerstraße 12 auf die andere Person einschlug. Ich lief sofort zum Tatort, um eventuell den Streit zu schlichten, was aber aufgrund des Kampfgeschehens gar nicht möglich war. Ich stand dabei und sah folgendes: er versetzte ihm Fausthiebe, trat mit den Füßen gegen den Körper (er schlug voll mit dem rechten Bein zu), und hatte in der rechten Hand einen breiten Gürtel, mit dem er auf den Oberkörper eindrosch. Der Geschlagene wich unter den Schlägen zurück und versuchte, sich gegen die Schläge zu schützen, ohne aber nur einmal zurückzuschlagen. Dann flüchtete der Geschlagene in die Seitenstraße um die Hausecke Hübnerstraße/Fuetererstraße, wobei er von dem Schläger verfolgt wurde. Ich ver-
suchte nun, den beiden zu folgen. Als ich zu der Ecke Hübnerstraße/Fuetererstraße kam, lief mir der Schläger entgegen und sprach mich an, ob ich Dr. … sei. Ich bejahte, und er stellte sich mir mit Herr Müller vor. Jetzt erst wusste ich, dass der Schläger mit dem Makler, mit dem ich verabredet war, identisch ist.

Wir gingen dann gemeinsam zum Haus Hübnerstraße 12 zurück. Dabei fragte ich Herrn Müller, was denn eben los gewesen sei. Er sagte: ,Das war eines der linken Schweine, die nur Unruhe stiften.’ Dann fragte ich, was denn er damit zu tun habe. Er antwortete: ,Die linken Schweine wollen mich nur wieder in die Zeitung bringen und wollen mein Geld.’ Ich fragte, woher er denn diesen Mann kenne. Er sagte: ,Aus der Türkenstraße. Diese linken Schweine schaffen nur Unruhe bei den Mietern, die dann Plakate aufkleben, dass sie nicht ausziehen wollen. Die haben in Schwa-
bing Mietergemeinschaften gegründet, und der Typ ist einer von denen. Wir, die Kirchheimer GmbH, wollen ja nichts anderes, als dass die Mieter in Ruhe wohnen können.’“ (Name und Adresse des Zeugen sind uns bekannt.)

Rufen Sie Herrn Müller an!

Wir haben gegen den Schläger Manfred Müller Strafanzeige wegen Körperverletzung und Beleidigung gestellt. Es wird Zeit, dass Leuten wie ihm das Handwerk gelegt wird. Helfen Sie dabei, indem Sie Herrn Müller anrufen und ihm folgende Fragen stellen:

∆ Verzichten Sie freiwillig darauf, die Mieter der Türkenstraße 68a und Hübnerstraße 12 durch Umwandlung in Eigentumswohnungen aus ihren Wohnungen zu vertreiben?

∆ Wo haben Sie den Beruf des Spekulanten gelernt?

∆ Was können wir für Sie tun, damit Sie aufhören, Menschen auszubeuten?

Adresse und Telefonnummer: Thalkirchnerstraße 143a, Tel. 7237757 und 7237850

Unsere Parole lautet: Seid wachsam! Ohren auf! Augen auf! Mund auf! Das Recht auf Wohnung ist ein Menschenrecht!

Unsere Initiative heißt: AKTION LEBENSQUALITÄT Eine Bürgerinitiative mit Herz, Kontaktadresse: Edeltraud Meyer-Heidegger, Georgenstraße 121, 8000 München 40.


Münchner Zeitung 12 vom 15. Juli 1981, 3.

Überraschung

Jahr: 1981
Bereich: Stadtviertel

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