Materialien 1981

Bürgerversammlung in Allach

Ein Kasperltheater!?

Bürgerversammlung in Allach. Ungefähr 800 Bürger trafen sich Anfang November in der Krauss-Maffei-Kantine, um über ihre Probleme im Stadtbezirk zu diskutieren. Wenn man die 5 Minuten Redezeit, die jedem Redner zustanden, als Diskussion bezeichnen mag. Als zuständige Herren und Politiker waren u.a. Stadtrat Hans-Peter Uhl, Bundestagsabgeordneter Kurt Faltlhauser, der Bezirksausschussvorsitzende von Allach-Untermenzing Willi Lucke und als Versammlungsleiter der Bürgerversammlung der SPD-Stadtrats-Fraktionsvorsitzende Horst Salzmann vertreten.

„Diskussionspunkt“ Nr. 1 war der Bau der A 99 durch den Allacher Forst, auf den ich im folgenden nun genauer eingehen möchte. Tags zuvor versuchten wir mit einem Infostand am Bahnhof und mit Plakaten, die überall in Allach aufgehängt waren, noch möglichst viele Leute für dieses Thema zu interessieren, und die Versammlung war schließlich überaus gut besucht. Viele Redner meldeten sich für dieses Thema zu Wort.

Pfarrer Bernhard Wolf forderte mit einer eindrucksvollen Rede die Politiker auf, alle politischen und rechtlichen Schritte zu unternehmen, um zu verhindern, dass im Planfeststellungsverfahren das festgeschrieben wird, was im Raumordnungsverfahren zur A 99 beschrieben ist. Dr. Heinz Eder stellte den Antrag, den Allacher Forst als Naherholungswald mit Klima- und Imissionsschutzfunktion zu erhalten und die Verkehrsplanungen für den Stadtteil Allach-Untermenzing in ein Gesamtkonzept zur Sicherung lebenswichtiger Grün- und Erholungsflächen einzubauen.

Als er die CSU zu einer Denkpause aufforderte, fühlten sich gewisse Herren persönlich angegriffen und meinten, es wäre Zeit für eine Erwiderung, die ihnen sofort gewährt wurde. Zusätzlich zu diesem Antrag forderte ich die Landeshauptstadt München auf, die A 99 auf der Trasse der Bundesstraße 471, die parallel zur Eschenrieder Spange verläuft, weiterzuführen. Ganz besonders hob ich hervor, dass das Ergebnis der derzeit laufenden Biotop-Kartierung in die Planungsabwägungen mit einzubringen ist.

Doch noch viele andere Redner äußerten sich, z.B. Günther Neidhard, der im Namen der evang. Jugend an das christliche Gewissen der CSU appellierte, z.B. Frau Elisabeth Schneider von der Schutzgemeinschaft Allacher Forst A 99, die sich noch einmal besonders für die Natur einsetzte. Es gab aber auch Gegenstimmen. Der Vorsitzende der Bürgervereinigung Allach-Untermenzing forderte, dass die raumgeordnete Südtrasse der Autobahn im Allacher Forst Grundlage der Planung für den Durchgangsverkehr bleiben sollte. Er wandte ein, dass er zwar vor 10 Jahren auch gegen den Bau der A 99 appelliert habe, aber jetzt sei es für Gegenstimmen schon zu spät und man müsse eben das Beste aus der Sache machen. Er warf dem Bund Naturschutz jahrelange Passivität vor und erst, als sowieso schon alles zu spät sei (Ist es das?!) würde kritisiert. Doch seine Argumente fanden wenig Gehör bei den Bürgern von Allach. Und so wurden in der Abstimmung, die schließlich und endlich um ½11 Uhr durchgeführt wurde, die Anträge, die sich gegen den Bau der A 99 durch den Allacher Forst, aussprachen und die die B 471 als Alternative vorschlugen, mit großer Mehrheit angenommen.

Doch was sind schon 800 Bürger von 2 000 Unterschriften? Die zuständigen Herren versprachen zwar mit einem amüsanten Lächeln, sich mit der Sache zu beschäftigen, doch scheinen im Endeffekt doch die sogenannten Sachzwänge Vorrang vor den Anliegen der Bürger zu haben. Wie lange wird es noch dauern, bis wir ein Mitspracherecht für unseren Lebensraum haben, bis wir nicht mehr von Stadtrats Gnaden abhängig sind. Wir lassen uns nicht ständig unsere Mündigkeit absprechen! Wir brauchen einen BÜRGERENTSCHEID!

Claudia Schreiner


Münchner Zeitung 17 vom 15. Dezember 1981, 1f.

Überraschung

Jahr: 1981
Bereich: Umwelt

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