Materialien 1982

Staatsbürger in Uniform?

Meinung eines Gedienten

Eines vorweg: Der 7-Punkte-Erklärung des Bundesvorstandes vom 2. Juli 1981 kann ich beim besten Willen nicht folgen. Hätten Erfahrungen aus der Geschichte der Arbeiterbewegung mit dem deutschen Militär und die junger und älterer Kollegen mit der Bundeswehr Eingang gefunden, wäre diese Auflistung falscher Analysen und Leerformeln nicht zustande gekommen. Es gibt Militarismus in der Bundeswehr, kein Zweifel. Und Nazitradition. Das fängt nicht an mit der Benennung von Kasernen nach Nazigrößen und hört nicht auf bei der Teilnahme von Offizieren (in Uniform) an SS-Veteranentreffs. Prägender für die Bundeswehr aber scheint mir die Unfähigkeit der allermeisten Offiziere und Unteroffiziere, sich damit auseinander zusetzen. Das in Erlassen und Dienstvorschriften manifestierte Bestreben der Führung, Politik von der Truppe fernzuhalten, schafft ein Vakuum. Zwei Stunden „politische Bildung“ monatlich auf dem Dienstplan (Wie heißt der Bundespräsident?) wirken ebenfalls in diese Richtung. Disziplinarstrafen für Soldaten, die in Uniform und öffentlich fortschrittliches Engagement zeigen, lassen den „Staatsbürger in Uniform“ vollends zur Farce werden. Während der stockreaktionäre „Bundeswehrverband“ sich in den Kasernen als Interessenvertretung aufspielen kann (und auf dem Dienstplan Zeit dafür bekommt), bleibt den Gewerkschaften der Zugang verwehrt. Hier müsste die in der 7-Punkte-Erklärung beschworene „Zusammenarbeit“ ansetzen.

Reimund Mess


wir. Information für Betriebs- und Personalräte, Vertrauensleute, Jugendvertreter, hg. vom DGB-Kreis München 3/1982, 3.

Überraschung

Jahr: 1982
Bereich: Bundeswehr

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