Materialien 1982
Die Foto-Demo-Story
„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten.“ (GG, Art. 5, Abs. 1)
Dachten wir und beschlossen in der Wiesnzeit dies in Schrift (= Transparent) bezüglich des Atten-
tats 1980 am betreffenden Orte zu tun. Das heißt, eigentlich war es ja nicht mal eine „Meinungs-
äußerung“. Dass es pure Verleumdung wäre, unserem Bayernstaat mangelndes Interesse an rechts-
radikalen Aktivitäten zu unterstellen, war uns ja klar.
Darum richteten wir nur einen „moralischen Appell“ an die fröhlich dahinsaufenden Wiesnbesu-
cher; wo doch unsere Regierung auf Moral steht.
Vergessen hatten wir, dass natürlich obligatorisch immer wir, die anarchistische, linksradikale, de-
mokratiegefährdende, arbeitsscheue Jugend unmoralisch ist und NIE die rechtschaffenen Bürger!
Darauf machte uns aber schnell die Polizei aufmerksam und legte nach Transparentbeschlagnah-
mung und Personalienaufnahme noch eine halbe Stunde Demonstrationsrechtskunde ein. Dem-
nach fällt eine Zwei-Mann-Demo auch unters Versammlungsgesetz (nicht erst ab drei, wie wir dachten), auch eine Ein-Mann-Demo ist anmeldepflichtig (bei der Gemeinde/Baureferat).
Ob Ihr nun Eure Meinung auf ein Sandwich oder auf Eure Jacke schreibt und so Euch in der Öf-
fentlichkeit präsentiert, läuft aufs Gleiche hinaus.
Es braucht nur auffällig genug zu sein, um einem Rechtshüter ins Auge zu stechen, und schon seid Ihr anmeldepflichtig.
Naja, der Staat scheint nicht nur festzulegen, wer und was unmoralisch ist oder nicht, sondern auch welche Meinungen öffentlich geäußert werden dürfen und welche nicht. Und wenn die alle Grundrechte wie das der „freien Meinungsäußerung“ so einschränken können, dann frag ich mich, wo meine Rechte dann bleiben?!
Na dann, mit einem Hoch auf unseren demokratischen „Rechts“staat,
Rebecca
Der Spion 10 vom November 1982, 10 f.