Materialien 1984

Wenn die Ventile pfffeifen …

Haidhauser Nächte

In Haidhausen war die Nacht vom Freitag auf Samstag (27./28. April) einer besonderen Aktivität gewidmet. Allen unliebsamen Beparkern von Gehsteigen und Fahrradwegen und deren Auffahrten ging die Luft aus.

Haidhausen ist kein Geheimtip mehr. Bis ins Münchner Umland hat sich herumgesprochen, dass dieser Stadtteil mit dem gewissen Flair Schwabing den Rang abgelaufen hat, wie die Autokennzei-
chen seit langem verraten. Die ärgerliche Folge: immer mehr zugeparkte Gehsteige und Fahrrad-Wege; immer mehr werden auch die Gehsteigabsenkungen rücksichtslos zugeparkt, so dass Kin-
derwagenschieber, Behinderte, Radfahrer nicht mehr auf die Fuß- und Radwege kommen und im Straßenverkehr umherirren müssen.

Sperrpfosten an Randsteinabsenkungen und Grünstreifen, so war vom Bezirksausschuss zu ver-
nehmen, verschandelten das Ortsbild. Wie aber steht es mit den Autos, die selbst, wie im Falle der Steinstraße jüngst geschehen, auch auf frisch angepflanzte Grünstreifen keine Rücksicht nehmen?

Die im Höchstfalle 10 Mark Strafe, die bisher als einzige Gegenmaßnahme von ordnungshüterli-
cher Seite drohten, wurden anscheinend von den Genießern der spezifischen Haidhauser Kneipen-
szene a priori eingeplant.

Deshalb sah sich jetzt eine Gruppe von Haidhauser Betroffenen zur „Aktion PFFFT“ genötigt.

Für die Haidhauser ist ihr Stadtteil kein Vergnügungsviertel mit riesigem Parkplatz, dessen Park-
möglichkeiten ihnen dann auch noch von Besuchern streitig gemacht werden. Eine Parklizensie-
rung zum Schutze der Bewohner, die ihrerseits oft erst nach einer Feierabendodyssee mit ihren Fahrzeugen den Heimweg antreten können oder zum Falschparken gezwungen werden, wird un-
umgänglich sein und nicht nur um das Kulturzentrum am Gasteig herum, das nach seiner Eröff-
nung die Situation noch drastisch verschlimmern wird.

Öffentliche Verkehrsmittel bieten sich als Transportmittel bestens an, auch wäre ein mögliches Verwarnungsgeld für eine Taxifahrt sinnvoller angelegt.

Als Nebeneffekt der Aktion PFFFT wurde jedenfalls in der Samstagnacht so mancher Angeheiterte am Fahren gehindert und die Verkehrssicherheit so erhöht. Zwischen Wienerplatz und Ostbahnhof konnte man es eine Nacht lang zischen hören. Ob den – wie für die engagierten Haidhauser Bürger zu hoffen – so ernüchterten Parkrowdies auch gleich die Luft wegblieb? Wenn nicht, so sicherlich das nächstemal, denn das Motto der Aktionsgruppe „Luft raus, bis die Luft rein ist“ verpflichtet zu neuen Taten.

Luftikus


Haidhauser Nachrichten 5 vom Mai 1984, 1.

Überraschung

Jahr: 1984
Bereich: Stadtviertel

Referenzen