Materialien 1984
Bilanz einer Bürgerversammlung
Einmal im Jahr ist Bürgerversammlung. Einmal im Jahr wird den Bewohnern der einzelnen Stadt-
viertel Gelegenheit gegeben, Politikern und Stadtverwaltung ihre Sorgen und Nöte – und nicht zu-
letzt ihren Ärger mitzuteilen.
In der Regel quittieren auf der Versammlung die Politiker die vorgetragenen Probleme mit ver-
ständnisvollen, die Leute von der Stadtverwaltung mit nicht selten nichtssagenden, ja ausweichen-
den Worten. Trifft man sich wieder nach einem Jahr – viele der beim letzten Mal noch anwesenden Viertelbewohner sind allerdings, enttäuscht vom Ablauf und Resultat, zu Hause geblieben – stehen meist schon neue Probleme auf der Tagesordnung; die damals noch brisanten Anträge sind längst vergessen. Nur mehr wenige fragen sich:
Was wurde eigentlich aus den Anträgen der letzten Bürgerversammlung?
In der diesjährigen Bürgerversammlung am 28. Juni sind etwa 10 Anträge vorgebracht worden. Die darauf bezogenen Beschlüsse waren im letzten „Lehel Aktuell“ abgedruckt. Zu einem Teil da-
von liegen die Antworten der Stadt vor (wobei die Benachrichtigung der Antragsstelle selbst oft unerklärlich lange auf sich warten lässt).
Der Knöbelblock
Mancher Teilnehmer an der Bürgerversammlung wird sich noch an die weit ausholend nichtssa-
gende Antwort des Herrn vom Planungsreferat über die Zukunft des Knöbelblocks erinnern. Te-
nor: Man könnte zum jetzigen Zeitpunkt nichts sagen, da alles im Fluss sei. Der muss allerdings ziemlich reißend gewesen sein, denn keinen Monat später waren die Rückgebäude im Knöbelblock den Bach runter (siehe auch den Beitrag in dieser Ausgabe hierzu). Sollte hier die Bürgerversamm-
lung von schlimmen Nachrichten „verschont“ werden?
Die Waschermadlhäuser
Ein noch schnelleres Resultat ergab sich auf den Antrag, die Waschermadlhäuser am Gries zu er-
halten. 2 Tage nach der Bürgerversammlung war der Abbruch bereits vollzogen – gerade noch rechtzeitig bevor „die am 28. Juni beschlossene Empfehlung … sowohl beim Kommunalreferat als auch beim Planungsreferat … einging“ und man sich seitens der Stadtverwaltung damit hätte be-
assen müssen.
Der Schwerlastverkehr
Die versprochene Prüfung nach Möglichkeiten der Verringerung des Schwerlastverkehrs in der Oettingen-/Sternstraße – die angesichts der damit mittelbar zusammenhängenden Abbruchge-
nehmigung des Anwesens Sternstraße 28 an Dringlichkeit gewann – fand immerhin statt. Das Ergebnis war allerdings mager: Zu dem Straßenzug Oettingen-/Sternstraße gebe es keine Alter-
native. Den „am stärksten betroffenen Anwohnern“ wurde statt dessen der Einbau von Schall-
schutzfenstern bewilligt – eine Maßnahme, die, selbst wenn sie lange vorher getroffen worden wäre, das Haus Sternstraße 28 auch nicht vor dem Abbruch hätte retten können.
Mehr Grün ins Lehel
Kaum Beachtung fand der Antrag „Mehr Grün ins Lehel“, der u.a. die Forderung nach umgehender Begrünung und Verkehrsberuhigung an der Ecke Thiersch-, Liebherr- und Ländstraße beinhaltete. Im Antwortschreiben des Referats für Stadtplanung und Bauordnung wurde lapidar darauf verwie-
sen, dass der Stadtrat im September 1983 ein Sofortprogramm beschlossen habe, innerhalb dessen das Lehel u.a. aufgrund seiner hohen Baudichte und seines Mangels an örtlichen Grünflächen „als Maßnahmeschwerpunkt benannt“ sei. Die von einigen Bürgern gesammelten Spenden für die Pflanzung eines Baumes an der erwähnten Verkehrsinsel müssen sich also bis zu ihrer Zweckbe-
stimmung weiterhin gedulden. Konkreter wird es da schon, was die Zukunft von St. Anna- und Thierschplatz betrifft. Hierzu fand am 12. November eine Einwohnerversammlung statt (das Er-
gebnis lag der Redaktion leider bei Drucklegung noch nicht vor).
Lärmbelästigung durch Gaststätte
Abschließend sei noch ein Ergebnis erwähnt, das dem engagierten Bürgerversammlungsbesucher etwas Mut machen sollte. Der Antrag auf Minderung der Lärmbelästigung durch die Gaststätte PI – Haus der Kunst – hat folgende konkreten Ergebnisse erbracht: Die Außenlautsprecheranlage musste abgeschafft werden. Als Parkplatz darf nur noch die Parkfläche hinter der Gaststätte ge-
nutzt und zur Eindämmung des Gehsteigparkens sagte die Polizei stärkere Kontrollen zu.
Das Ergebnis – auf 10 Anträge ein konkreter Erfolg – macht deutlich: Wer sich für die Belange des Lehels einsetzen will, braucht einen langen Atem.
Lehel aktuell. Zeitung für den 13. Stadtbezirk 51 vom Dezember 1984, 7.