Materialien 1989

„Vergewaltiger wir kriegen Euch“

Am 7. Juni 1989 fand in München eine Frauendemonstration statt, um gegen das Urteil gegen zwei Frauen in Nordcypern zu demonstrieren. Die beiden Frauen waren in ihrem Zelt überfallen wor-
den, die Mutter wurde bewusstlos geschlagen, die Tochter vergewaltigt. Nachdem die Mutter wie-
der zu sich gekommen war, kam sie ihrer Tochter zu Hilfe. Gemeinsam überwältigten sie den Ver-
gewaltiger, der dabei zu Tode kam. Die beiden Frauen wurden dafür jetzt zu vier bzw. drei Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie, nachdem der Mann bereits geschwächt gewesen sei, diesen „aus Ra-
che“ getötet hätten. Gegen dieses Urteil, in dem einmal mehr die Opfer zu Tätern gemacht wurden, was ja auch in Vergewaltigungsprozessen in der BRD durchaus üblich ist, richtete sich die Frauen-
demo. Etwa 250 Frauen nahmen an der Auftaktkundgebung am Sendlinger Tor teil. Anschließend zog der Zug über das Bahnhofsviertel und den Stachus zum Lenbachplatz. Die Demo war laut und stark, obwohl überraschend viele Macker am Gehsteig mitgingen und sich lautstark produzierten. Die Anmache war ätzender als auf vielen Walpurgisnachtdemos, was sicherlich mit dem Anlass „Vergewaltigung, Wunschtraum oder Realität der Macker“ zusammenhängt. „Vergewaltiger, wir kriegen Euch“ und „Wie viele Männer würden in Deutschland noch leben, wenn jede Frau ihren Vergewaltiger getötet hätte“ waren einige der gerufenen Parolen. Die Entschlossenheit, die diese Parolen suggerierten, war jedoch zumindest bei vielen Frauen nicht vorhanden, war es doch nicht einmal möglich, bzw. wurde gar nicht erst versucht, zu verhindern, dass bei der Kundgebung stän-
dig Männer durchliefen. Quellenhinweis: Aufrufflugblatt und Kundgebungsbeiträge.

(wob)


Münchner Lokalberichte 13 vom 19. Juni 1989, 2.

Überraschung

Jahr: 1989
Bereich: Frauen

Referenzen