Materialien 1989
Stadtteilblähungen
Glosse
Oh Du ewig rummoserndes Stadtteilvölkchen! Die großherzige Landeshaupt- und Firlefanzstadt München erweist Dir die Gnade, Deine unzumutbaren und nie das große Ganze (etwa den Europäischen Binnenmarkt) überblickenden Stammelanträge geschwätziger, kleinkarierter Stadtteilgschaftlhuber zu erörtern und abzustimmen.
Und Du törichtes, demokratiesüchtiges, selbstbestimmungswahnsinniges Haidhauser Spießbürgertum erdreistest Dich zu wähnen, diese Anträge würde die weitsichtige Stadt München ernsthaft erörtern oder gar in Deinem Sinne beschließen?
Darin erkennt man Deine Beschränkung, dass Dir der Sinn für die Realität, für das ganz große Ganze, für das Totale fehlt!
Bürgerversammlungen, o Volk, sind der Fencheltee der Stadt, um Stadtteilblähungen zu lindern, nicht, um den (eigentlich doch destruktiven) Satz: „Alle Macht geht vom Volke Aus“, zu verwirklichen. Oh, Du blödes, kleinkariertes Haidhauser Völkchen, nimm denn zur Kenntnis: Den Antrag, den Du in Deiner Versammlung mit Mehrheit abgelehnt hast, den hat ein weises Stadtregiment angenommen, im Eilverfahren, hauruckizucki: Parkplätze in der Inneren Wiener Straße für die Hoch(haus )kultur am Gasteig, den Bier(dimpfl)garten im Hof(bräu)keller und für die wirklichen Kosmopoliten mit ihren Safarischlitten im Cafe Wiener(Verhältnisse)-Platz. Das ist Demokratie, Du unbelehrbare, nie über den Tellerrand Deines eigenen Wohlergehens hinausschauende Versammlungsplebs!
Herzkasperl
Haidhauser Nachrichten 3 vom März 1989, 1.