Materialien 1991

Mitch II

In Memory of KING MITCH (Special Thnx an Piano – Die Red.)

Danilo Dobrilovic oder besser bekannt als Mitch Two – einer der wichtigsten Namen die man kennen sollte, wenn man sich für Graffiti interessiert! Der ausgebildete Maler (Beruf) hat 1984 angefangen Graffiti zu malen. Er war neben Loomit, Cemnoz, Cowboy 69, Neon, Katmando, Zope und ein paar wenigen anderen, einer derjenigen, die Graffiti in Deutschland geprägt haben. Bevor Dortmund und Berlin zu wichtigen Städten wurden, hat München, mit Amsterdam und Paris, eine wichtige Rolle in Sachen Writing gespielt. Das hat die bayerische Landeshauptstadt nicht zuletzt ihm zu verdanken.

Mitch lebte bis zu seinem frühen Tod in der Frauenhofer Strasse. Geboren wurde er allerdings in Sendling, wo auch seine ersten Bilder zwischen Brudermühlstraße und Gotzinger Platz entstanden. Das Freizeitheim Sendling in der Valleystrasse war in jungen Jahren sein Hauptanlaufspunkt. Hier entstand auch zusammen mit drei Kumpels seine erste Crew names WOC „Wizzards of Color“.

Wie es bei sehr aktiven Malern so ist, blieb der Polizeikontakt auch bei Mitch nicht aus. Teils beim Taggen erwischt worden oder wie es in der Writer-Szene immer wieder vorkommt, von Gleichgesinnten verraten. Hier muß allerdings gesagt werden, dass Mitch so „schmerzfrei“ war, als einzigster Sprüher bis weit in die Neunziger Jahre seinen Namen legal und illegal zu bomben. Die damit verbundenen Schulden durch dabei entstandene Schäden, konnte er meist nicht zahlen und musste so ab und an in den Jugendarrest. Vier Wochen war die längste Zeit, die er absitzen musste. In dieser Zeit sind die hier abgebildeten „Eierköpfe“, wie er sie nannte, entstanden. Zusammengefasst unter dem Titel „Neudeck Power“, da in Neudeck der Jugendarrest war. Es sollte auch noch Prof. Dr. Peter Kreuzer, EGU Gründer, Graffiti-Liebhaber und -Förderer, erwähnt werden, der Mitch in seinem Schaffen immer sehr unterstützt hat. Peter Kreuzer hat Mitch kostenlos den Anwalt Konrad Kittl (damaliger Sprüheranwalt) zur Seite gestellt.

Da Mitch – laut seinem Pass – Kroate war, musste er sich immer wieder um eine neue Aufenthaltsgenehmigung kümmern. Die Dauer der Genehmigungen variierte und ging runter bis auf zwei Wochen. Dadurch kann man verstehen, warum sich Mitch selber als „Partisane“ bezeichnet hat, im Kampf gegen eine engstirnige Gesellschaft, die damals noch weniger ein Ohr für Graffiti und Ausländer hatte als heute.

So kam es, dass er eine seiner Crews „Rebelz in Chrome“ nannte. Dieser Name stand für qualitativ hochwertige Bilder, die jeder Writer kennen sollte. „Rebelz in Chrome“ ist mit eine der bekanntesten und erfolgreichsten Crews in München gewesen. Zahlreiche Bilder in der damals größten Hall of Fame Europas, dem Flohmarkt in der Dachauerstrasse,bestätigten das. Zu „RIC“ zählten Münchner Sprühergrößen wie Baptist, Piano, Sako, Loomit, Scit, Neon und Erwin. Danach kam „Skee Six“. Der Tag „Skee“ (ein original Mitch-Skee-Piece ist noch unter der Isar-Brücke an der Großmarkthalle zu besichtigen!) wurde von mehreren gemalt, unter anderem auch von Mitch und war zahlreich vertreten. Nicht zu vergessen ist die On-Serie, an der Mitch maßgeblich beteiligt war. Er war auch an der europäischen Crew „Stone Age Kids“ beteiligt, zu der sich noch andere Größen zählten. „Stone Age Kids“ hat herausragende „Whole Cars“ rollen lassen und war über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt.

Zu Mitch’ näherem Kreis gehörten Zero9, Mac, Piano und Scit. Die drei letzteren waren Mitch’s Schüler. Getroffen haben sich die Münchner Writer meist im „California New“, kurz „Cali“ genannt, oder im „EastSide“ am Rosenheimerplatz. Danach wurde dann gelegentlich zu nächtlichen Aktionen aufgebrochen. Um die neuen Bilder auf den Zügen zu betrachten, traf man sich an Münchens erster „Bench“ am Stachus.

Wie es unter Writern so ist, gibt es immer Rivalitäten, wer nun der Bessere sei. Konkurrenz belebt schließlich das Geschäft und so kam es zu einem Battle zwischen „Cowboy 69“ und Mitch. Aus diesem Battle heraus ist ein Bild entstanden, das an einem auffälligen und brisanten Ort von Mitch gemalt worden ist. Er hatte als erster (überhaupt!) ein Bild zwischen Hackerbrücke und Hauptbahnhof stehen. „King Mitch“ konnte dort, in „Blockbuster Style“ gesprüht, gelesen werden. Durch solche Aktionen ist Mitch bekannt geworden und er hat noch viele andere geschichtsträchtige Bilder gemalt. 1986 hat er z.B. mit anderen bekannten Writern den ersten „Whole Train“ Deutschlands gemalt. Auf der Heimfahrt von einer Jam in Mainz, wurde im Hauptbahnhof von Bad Homburg kurz Halt gemacht und Graffiti-Geschichte geschrieben. Leider konnten sie den (ersten!) „Whole Train“ nicht fertigstellen, auf Grund von sich näherndem amtlichen Personal, und es fehlten die Outlines.

1987 wurden alle wichtigen Münchner Writer zur Bambi-Verleihung nach Offenburg eingeladen, um dort Leinwände für die abendliche Gala als Dekoration zu sprühen. Mit von der Partie waren Cemnoz, Loomit, Piano, Mitch, Neon, Zeal, Won und Katmando. Dieser Event war sozusagen die Reintegration Mitch’ in die Writer Szene, da es davor einige Unstimmigkeiten untereinander gab.

Eine andere Anekdote ist die Flughafen Linie in München. Zwischen ’90 und ’91 sind die damals neuen, blauen Flughafen S-Bahnen in Betrieb genommen worden. Mitch war gerade in der Disco „Macht der Nacht“ feiern. So nutzte er die Macht und ist mit Piano aus dem Club raus und in den dahinter liegenden Yard gegangen, um den „First on Blue“ zu machen. Er war somit auch der erste auf der Flughafen S-Bahn. Das alles hier ist nur ein kurzer Abriss, von dem allem, was Mitch geschaffen und erlebt hat. Vielleicht konnte der ein oder andere einen Einblick in die Münchner Graffiti Geschichte gewinnen und es wurde Interesse geweckt.

Was feststeht ist, dass Danilo Dobrilovic, aka Mitch 2, ein Sprüher war, der durch seinen Style unsere Gegenwart immer noch prägt und nicht in Vergessenheit geraten sollte. RIP.

didi-le-depp am 14.01.2005 17:10:32


Werk von Mitch II in der Tumblingerstraße 1990.


http://www.graffitiart.de/g/forum/read/fid_6/mid_5669.html (12. Juni 2010); External Link: http://www.cxp.de.vu.

Überraschung

Jahr: 1991
Bereich: Graffiti

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