Materialien 1992
Die Ausweisung von Ali Ghorbanian verstößt gegen das Grundgesetz
Die Humanistische Union protestiert aufs schärfste gegen die vom Bayerischen Verwaltungsge-
richtshof für rechtens erklärte Ausweisung des iranischen Staatsbürgers Ali Ghorbanian.
Der Entscheidung, die dem Abschiebebegehren der Landeshauptstadt München stattgibt, geht eine Behandlung des Falles in mehreren Gerichtsinstanzen voraus. Der Asylantrag Ghorbanians, der seit 1980 in München lebt, war mehrmals abgewiesen worden. Ghorbanian wurde 1980 im Iran nach erpresstem Geständnis unter dem Vorwurf inhaftiert, er habe mit Gegnern des Regimes Kon-
takt. Nach seiner Flucht aus dem Iran wurden sein Bruder wie auch sein Neffe als Regimegegner in Teheran hingerichtet.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach entschied 1991 – nach früherer Ablehnung, dass Ali Ghorbanian der weitere Aufenthalt in der BRD ermöglicht werden muss, da ihn „das Schicksal vieler Gleichgesinnter erwarte, wie langjährige Kerkerhaft oder gar die Hinrichtung“.
Wenn jetzt der letztinstanzliche Gerichtsentscheid und die Ablehnung im Petitionsausschuss des Landtags der Beurteilung des Münchner Kreisverwaltungsreferates zustimmt, es gäbe „keine An-
haltspunkte für die Gefahr“, nämlich dass Ghorbanian im Iran „keine der Menschenwürde ent-
sprechende Behandlung zu erwarten habe“, so ist damit nicht nur die Grenze des Zynismus über-
schritten. Vielmehr ist mit dieser Entscheidung das bestehende Asylrecht außer Kraft gesetzt selbst im Falle nachweislicher Verfolgung, woran angeblich sogar die Befürworter einer Grundgesetzän-
derung festhalten wollen. Mit dieser Entscheidung ist in Bayern das Grundgesetz der Bundesrepu-
blik Deutschland zu einem Fetzen Papier geworden.
8. April 1992
Mitteilungen der Humanistischen Union 138 vom Juni 1992, 42.