Materialien 1993
Die einen wie die anderen
Ein schwarzhaariges Mädchen schaut mit großen Augen auf die Straße. Ein brennendes Haus, Kahlköpfe stehen davor, recken die Hände. Doch bald werden sie sich von dem Haus abwenden und sich des Mädchens annehmen, denn ChristInnen haben darüber geschrieben:
Nehmet einander an!
Auch BMW nimmt sich der Ausländer an: Zum Kirchentag lässt der Konzern auf eine ganze Zei-
tungsseite schreiben: „Ohne Ausländer wären wir arm – BMW“. Selten wurde uns die Wahrheit so werbewirksam dargeboten, aber es war nur die halbe: BMW beutet auch Ausländerinnen (unterbe-
zahlt oder unbezahlt) aus.
Nehmet einander aus!
Kaum war der Kirchentag vorbei und zahlreich Resolutionen für ein Bleiberecht der Roma mit stehenden Ovationen angenommen, schon erklärt die Landeskirche: „Ziel der Aktionen war“, nicht etwa das Bleiberecht, sondern „der 25. Deutsche Evangelische Kirchentag, auf dem die Roma ihre Anliegen in der breiten Öffentlichkeit artikulieren konnten.“ Also: „unsere Möglichkeiten der Hilfe und des Schutzes sind am Ende“. Amen!
Schiebet einander ab!
Clinton (Joschka Fischer: „Wo bleibt der Clinton von Bonn?“) lässt am 26.6. Raketen auf Bagdad abfeuern, angeblich aus Rache für einen angeblich geplanten, tatsächlich nicht durchgeführten, Anschlag auf seinen Vorgänger Bush. Einen Tag später knallt ein Beamter einen „mutmaßlichen Terroristen“ ab, wahrscheinlich aus Rache für einen anderen Beamten, der wahrscheinlich im Kugelhagel seiner schießwütigen Kollegen umkam. Rache scheint groß im Kommen.
Schlachtet einander ab!
Begeistert von der effizienten Kombination von deutschem Schäferhund und deutschem Hub-
schrauber an den deutschen Grenzen gibt sich der Staatssekretär im Innenministerium, Hermann Regensburger. Allein am ersten Tag des neuen Asylrechts konnten 48 Menschen von den bayeri-
schen Grenzen verjagt werden (1.000 in den ersten fünf Tagen) – „von Hubschraubern abgesetzte Diensthundeführer“ halfen dabei. Zurecht fordert da der CSU-Vorsitzende Waigel zwei Tage später mehr Weltoffenheit – für die Bundeswehr.
Die Katze sprach zur Maus: Wir haben einander doch zum Fressen gern!
muf
Stadtratte 16 vom Sommer 1993, 16.