Materialien 2000
Armut im Westend
Der jetzt vorliegende Armutsbericht des Sozialreferats der Stadt München ist leider nicht sehr aktuell. Stand ist das Jahr 2000, als die sogenannte new economy gerade in München noch florierte, als die Arbeitslosigkeit in dieser Stadt noch unter dem Bundesdurchschnitt lag, und als die Zahl der Sozialhilfe-Empfänger zurückging.
Trotzdem enthält der Bericht gerade für unser Viertel interessante Daten. Mit 14,8 % armer Menschen liegt das Westend an 5. Stelle der Stadtbezirke. Als arm gelten nach dem Bericht diejenigen, deren Einkommen unter 50 % des nationalen Pro-Kopf-Einkommens liegt. Es lässt sich begründet vermuten, dass die Zahl der Armen seither noch anstieg. Mit 8,1 % Arbeitslosigkeit lag unser Stadtteil an der Spitze in München. Da Arbeitslosigkeit – auch nach Aussage des Armutsberichts – zu den Hauptursachen der Armut gehört, wird mit der mittlerweile stadtweit steil angestiegenen Arbeitslosigkeit auch die Zahl der Armen ansteigen bzw. bereits angestiegen sein. Die Pläne der Bundesregierung (Agenda 2010), Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe drastisch zu kürzen, werden noch ein übriges tun.
„Wohnen als prekäre Lebenslage“
So heißt eine der Überschriften des Armutsberichts. Entsprechend der „Spitzenposition“ des Westends in der Armutsdichte wird die Angabe: „knapp zwei Drittel (65 %) der armen Haushalte sind danach auf die Wohnfläche bezogen unterversorgt, nur jeder elfte verfügt über eine relativ große Wohnfläche“ (S. 52 des Armutsberichts) auch auf die Schwanthalerhöh’ zutreffen.
Um so empfindlicher trifft die arme Bevölkerung die noch immer anhaltende Beseitigung relativ preiswerten – wenn auch einfachen – Wohnraums durch Luxussanierung, Abbruch und Neubau teurer Wohnungen, Leerstand und Umwandlung in Eigentumswohnungen. Politik und Verwaltung tun nichts gegen diese Entwicklung.
Für reiche Haushalte nimmt die Miete einen relativ geringen Anteil am Einkommen in Anspruch. 65 % der armen Haushalte müssen „40 % und mehr“ ihres Einkommens für die Miete ausgeben (siehe Abbildung). Unter „Mietbelastungsquote versteht der Bericht „den Anteil der Bruttokaltmiete am Haushaltsnettoeinkommen“ (S. 53). Die Heizkosten sind also noch nicht einmal enthalten.
Kinder und Jugendliche
Es kann kaum überraschen, dass auch bei der Anzahl armer Kinder und Jugendlicher das Westend in der Spitzengruppe der Stadtbezirke liegt. Die „Sozialhilfedichte“ liegt bei 9 % der Einwohner/innen der entsprechenden Altersgruppe (0 bis 17 Lebensjahre). „Die höchste Kinderarmut konzentriert sich auf die 5 Stadtbezirke 24 – Feldmoching-Hasenbergl, 11 – Milbertshofen-Am Hart, 16 – Ramersdorf-Perlach, 8 – Schwanthalerhöhe“ stellt der Armutsbericht fest (S. 112).
Man sollte erwarten, dass die Stadt in Vierteln mit hoher Jugendarmut mehr für die Kinder und Jugendlichen tut. Wer das erwartet, wird enttäuscht. Immer wieder wird versucht, die Mitarbeiterzahlen von multikulturellem Zentrum oder Jugendtreff zu kürzen. Eine räumliche Erweiterung des Freizeitheims ist seit mindestens 15 Jahren versprochen – es tut sich nichts.
Wir haben versucht, einige unserer Meinung nach besonders wichtige Aspekte des Armutsberichts darzustellen. Auf andere Gesichtspunkte werden wir bei gegebenem Anlass zurückkommen.
Peter Eberlen
Alle Diagramme auf dieser Seite sind dem Münchner Armutsbericht 2000 entnommen. Bei den Diagrammen zur Armutsdichte und Arbeitslosigkeit haben wir den „Mittelteil“ aus Platzgründen nicht wiedergegeben.
Westend Nachrichten. Stadtteilzeitung für das Westend und die Schwanthalerhöh’ 98 vom Mai 2003, 1 f.