Materialien 2002
Zum Tod von Rola Sachsberger
Trauerfeier im Waldfriedhof/Lorettoplatz am 25. November
„Wirklich, wir leben in finsteren Zeiten“, dieses Brecht-Zitat nahm Bernd Bücking als Motto, um über Rolas Leben zu berichten. Sie erlebte „diese Zeiten hautnah, als ihr Onkel Hans Nimmerfall – bayerischer Landtagsabgeordneter der SPD – 1933 ins KZ Dachau transportiert wurde. Da das Lager erst aufgebaut wurde, konnten Rola und ihre Freunde mit ihren Fahrrädern bis direkt an den Stacheldraht fahren. Da konnte sie unter anderen Häftlingen ihren schon alten, nicht sehr gesunden Onkel sehen, wie er die schwere, mit Wasser gefüllte Straßenwalze zur Befestigung der neuen Schotterwege ziehen musste. Obwohl seine Leidenszeit dort nicht sehr lange währte, starb ihr Onkel wenige Tage nach seiner Entlassung.“ Auch Rolas Lehrherr, Anwalt Dr. Benario (Vater Olga Benarios), überlebte, wie Bernd weiter berichtete, 1933 nicht: Als Anwalt linker Verfolgter und als Jude nahm er sich das Leben. Ihr Mann, Siegfried Sachsberger, kam ebenfalls nach Dachau – wegen Spenden für die Rote Hilfe – wurde später eingezogen und fiel 1942. Sie selbst wurde völlig mittellos mit Sohn und Mutter ausgebombt und aufs Land evakuiert. „Diese Erfahrungen haben Rola zu einer nie ermüdenden Kämpferin gegen Faschismus und Krieg gemacht; ein Kampf, den sie mit Gleichgesinnten in der Gewerkschaft, in der kommunistischen Jugendorganisation FDJ, in der KPD und später der Deutschen Kommunistischen Partei DKP geführt hat.“ Sie engagierte sich nach 1945 im ASK, dem Arbeiter Sing- und Spielkreis, die ihre Lieder als legale Fortführung der bald wieder verbotenen Organisationen wie KPD und FDJ sangen. „Neben diesem Chor entwickelten sich kleine, politische Sketche, die zwischen die Lieder eingeschoben wurden und die sich schließlich zum bekannten Kabarett Sati(e)rschutzverein verselbstständigten.“ Das Lachen, so Bernd, das im oben zitierten Brecht-Gedicht mit den Zeilen „Der Lachende hat die furchtbare Nachricht nur noch nicht empfangen“ bedacht wird, war aber für Rola „gerade auch unter widrigen Umständen eine ganz wichtige Sache, eine Überlebensform. Deshalb konnte sie mit der humorlos bierernsten Politikvermittlung eines gewissen Funktionärstyps gar nichts anfangen und geriet genau über diese Differenz mit einigen über Kreuz. Für sie war das spottende Lachen über den Klassenfeind, der mit seiner verdrucksten Doppelmoral seine eigenen Gesetze desavouiert, das befreiende Lachen der sich Wehrenden und das solidarische Lachen der Kämpfenden und auch mal Siegenden ihr Lebenselexier.“ Wie hätte also Rola, so Bernd, „sich über die Proteste und ihre kreativen Formen der jungen Demonstranten in Florenz vor einer Woche gefreut, wo über eine Million Seite an Seite auftraten – streikende Fiatarbeiter, Berlusconigegner aus Kunst und Wissenschaft, Umweltaktivisten, Streiter der sozialen Bewegungen, Studenten und Schüler bunt, fröhlich, einfallsreich und solidarisch gegen neoliberalistische Zerstörung und gegen Krieg! DAS war genau ihr Kampf, ihr Leben!“ So wird auch in unseren künftigen Kämpfen, schloss Bernd, „die temperamentvolle, engagierte, fröhliche und spöttische Rola mit dabei sein.“