Materialien 2003
Aktive Gewerkschafterin fristlos gekündigt!
Siemens München
Seit mehr als einem Jahr wehrt sich die Siemens-Belegschaft in München gegen Personalreduzierung und Entlassungen. Der Konzern will den Widerstand brechen. Deshalb ist jetzt der aktiven Gewerkschafter Inken Wanzek fristlos gekündigt worden.
Im Jahr 2002 hat der Siemens-Konzern beschlossen, 23.000 Arbeitsplätze in seiner Kommunikationssparte für Festnetze (Information and Communication Networks – ICN) zu streichen. Die weltweit verteilte ICN-Belegschaft soll von 57.000 auf 34.000 Beschäftigte reduziert werden. Allein in der Zentrale in München sollte von den 7.300 Beschäftigten fast jeder Dritte seinen Job verlieren; 2.300 Arbeitsplätze sollten in der Ferienzeit innerhalb von sechs Wochen gestrichen werden.
Durch die heftige Gegenwehr von Beschäftigten, Betriebsrat und Gewerkschaft IG Metall wurde der geplante »Blitz«-Personalabbau verhindert und ein Kompromiss erreicht. Der »Arbeitnehmeraufstand bei Siemens« verhinderte 1.200 Kündigungen.
Der Widerstand hält bis heute an. Nahezu alle Gekündigten klagen vor dem Arbeitsgericht gegen ihre Kündigung. Mit Erfolg. Siemens wurde verpflichtet, die Gekündigten weiter zu beschäftigen.
Im November 2002 gründeten Mitarbeiter ein Mitarbeiternetz, NCI (Network, Communication, Initiative), um sich gemeinsam gegen den Stellenabbau zu wehren und um ihre Rechte zu kämpfen (siehe SoZ 9/03). Dieses Mitarbeiternetzwerk gab und gibt dem Widerstand den langen Atem. Das Unternehmen separiert die Gekündigten zwar in eigenen Betrieben und Gebäuden, die Betroffenen aber bewahren ihre Solidarität und Nähe zum Betriebsgeschehen durch ihr lebendiges Leben im Mitarbeiternetz, das von Betriebsrat und IG Metall unterstützt wird.
Inken Wanzek ist Mitinitiatorin dieses Mitarbeiternetzwerks und engagiertes Mitglied der IG Metall. Mit der Kündigung von Inken Wanzek will Siemens ein Exempel statuieren. Die Mitarbeiter sollen eingeschüchtert und vereinzelt, der Widerstand soll gebrochen werden.
Die Kündigung von Inken Wanzek ist ein Angriff auf das Grundrecht auf gewerkschaftliche Betätigung und auf die im Grundgesetz verankerte Meinungsfreiheit.
Siemens muss die Kündigung zurücknehmen!
Protestschreiben an den Vorstandsvorsitzenden der Siemens AG: Heinrich.Pierer@siemens.com
SoZ – Sozialistische Zeitung vom Dezember 2003, 8.