Materialien 2004

Nach Geständnissen

— Stadt will Schwarzen Sheriffs kündigen

Schwarze Sheriffs werden am Stachus bald nicht mehr zu sehen sein. Die Stadt will den Vertrag mit dem Sicherheitsdienst ZSD „zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen“. Wachleute hatten gestanden, mehrere Obdachlose misshandelt zu haben.

Die nach den jüngsten Misshandlungsfällen an Obdachlosen erneut in Verruf geratenen Schwarzen Sheriffs sollen künftig weitgehend aus dem Stadtbild verschwinden. Die Stadt werde den Vertrag zur Bewachung des Stachus mit dem Sicherheitsdienst ZSD „zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen“, sagte Christoph Gernhäuser vom Kommunalreferat.

Damit ziehe die Stadt die Konsequenzen aus den Ermittlungen gegen vier ZSD-Mitarbeiter, die seit Donnerstag in Verdacht stehen, im Februar und Mai bei nächtlichen Einsätzen am Stachus drei Wohnungslose misshandelt zu haben. Oberstaatsanwalt Anton Winkler geht nach dem Teilgeständnis eines inhaftierten Verdächtigen davon aus, dass sich in den kommenden Tagen zusätzliche Opfer bei der Polizei melden werden. Die weiteren Verträge zur Bewachung „städtischer Objekte, in denen die ZSD-Wachleute allerdings kaum in Kontakt mit der Öffentlichkeit kommen“, will die Stadt nach Worten Gernhäusers vorerst aufrecht erhalten. Die Rathaus-SPD forderte am Freitag, auch diese Verträge schnellstmöglich zu kündigen.

Um wie viele und welche städtischen Gebäude es sich dabei handelt, teilte “aus vertraglichen Gründen“ weder die Stadt noch die Firma ZSD mit. Die kommunalpolitische Sprecherin der Rathaus-SPD, Christl Purucker-Seunig, verlangt darüber jedoch – angesichts einer „langen Liste der massiven Gewaltübergriffe“ von ZSD-Mitarbeitern – jetzt öffentlich Auskunft. „Es sind nur ein paar Objekte“, sagte Gernhäuser zur SZ. Voraussetzung dafür, dass dort weiterhin ZSD-Wachleute eingesetzt werden, sei eine umfassende Erklärung des Unternehmens: „Wir haben die Firma aufgefordert, darzulegen, wie es zu solchen Vorfällen kommen konnte“, sagt Gernhäuser. Zudem müsse das Unternehmen „darlegen, was es zu tun gedenkt, damit solche Dinge nicht mehr passieren“. Entsprächen die Ergebnisse nicht den Vorstellungen der Stadt, werde man „in letzter Konsequenz alle Verträge mit ZSD kündigen“. Die künftige Bewachung des Stachus will die Stadt nun ausschreiben und eine andere Sicherheitsfirma am Karlsplatz beschäftigen. „Es gibt dazu keine Alternative“, sagt Gernhäuser. „In solchen komplexen Gebäuden wie dem Stachus, in denen die Geschäftsleute einen Schutzanspruch haben, muss man als Hausherr eine gewisse Sicherheit gewährleisten.“

Die Polizei in diesem privaten Raum einzusetzen, der Eigentum der Stadt ist, sei aus rechtlichen Gründen schwierig. „Wir brauchen solche Sicherheitsunternehmen auch weiterhin“, betont Gernhäuser. Im Zuge der Angebote, mit denen sich laut ZSD-Chef Carl Wiedmeier bis zu 40 Sicherheitsfirmen um jeden städtischen Objektschutzauftrag in München bewerben, verlangt die Stadt ein detailliertes Anforderungsprofil: Das Personal muss technisch und juristisch geschult sein, das Unternehmen muss eine bestimmte Größe und Ausstattung vorweisen. Wiedmeier, der sich über sein betriebsinternes Vorgehen nicht äußern will, spricht von „hohen Anforderungen an Ausbildung und Auswahl der Mitarbeiter“ – sowie von einem „erbitterten Wettbewerb der Firmen“. Die Vertragsvoraussetzungen zu verschärfen, plant die Stadt indessen nicht. „Man kann im Vorhinein sowieso nicht sicherstellen, dass nicht mal jemand ausrastet“, sagt Gernhäuser. „Jede Firma hat ihr schwarzes Schaf.“ (SZ vom 7./8. August 2004)

Philip Wolff


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Überraschung

Jahr: 2004
Bereich: Bürgerrechte

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