Materialien 2004
Antrag an die Bürgerversammlung im 11. Stadtbezirk
Milbertshofen – Am Hart
am 2. Dezember 2004
Betrifft: Öffentliche Ordnung und Sicherheit in München
Wir wollten mit dem Bus von München nach Nürnberg zur großen Demonstration gegen Sozialraub, Agenda 2010 und Hartz IV fahren.
Also nach der 2. Kurve vom U-Bahnhof Fröttmaning wurden wir höchstamtlich gestoppt und zum Aussteigen aufgefordert. Eine Frau von den etwa 50 Fahrgästen regte sich so auf, dass sie spontan zur Toilette musste. Sie wurde, von 2 Polizistinnen bewacht, hinter einen Busch geführt.
Nun ist es in München verboten – Öffentliche Ordnung – sein Geschäft im Freien, in Anlagen zu verrichten, bei Androhung eines Bußgeldes.
Aber die Öffentliche Sicherheit erlaubte nicht, dass sich die Frau entfernte, etwa zur U-Bahn-Station, deshalb dieses Vergehen, das aber nicht mit Bußgeld von der Polizei geahndet wurde, war es doch ein Vorgang innerhalb einer polizeilichen Maßnahme.
Die etwa 50 Reisenden des Busses nach Nürnberg mussten einzeln aussteigen und wurden peinlichst untersucht, mit körperlichem Abtasten, Hineingreifen in jede Tasche der Kleidung und Entleeren des Gepäcks. Ein Spezialist der Polizei sichtete und bewertete mitgeführte Flugblätter, Plakate und Transparente. Nach knapp einer Stunde waren alle Fahrgäste durchsucht, durften wieder einsteigen und die Fahrt fortsetzen. Es ist mir nicht bekannt geworden, dass eine Person festgenommen oder Gegenstände beschlagnahmt worden wären.
Danach wurde im Bus eine Resolution verfasst, vorgelesen und einstimmig verabschiedet. Wegen der Zeitverzögerung – um 12 Uhr sollte die Auftakt-Kundgebung in Nürnberg vor der Lorenzkirche beginnen – mussten sich alle Passagiere bis auf die erwähnte Frau Getränke einteilen, denn erst in Greding, etwa 100 km weiter, war Station mit Pinkelpause, vorgesehen.
Mein Antrag richtet sich nun darauf: dass die Polizei verpflichtet werden soll, bei überraschenden Aktionen dieser Art mobile Toiletten mitzuführen.
Bei einer zweiten Polizei-Kontrolle im Außenbereich von Nürnberg wurde von einer weiteren Visitation unseres Busses und der Reisenden Abstand genommen, vermutlich nach einer Rückfrage bei der Polizeistaffel von Milbertshofen-Am Hart. Die Auftakt-Kundgebung vor der Stephanskirche musste später begonnen werden: Rund um Nürnberg fanden solche oder ähnliche Kontrollen statt – Schleierfahndung. Die Resolution spricht von Einschüchterung.
Erwin Brandl
Münchner Lokalberichte 26 vom 23. Dezember 2004, 4.