Materialien 2004

Sicherheitskonferenz 2004

Wegen Gewahrsamnahme bei Sicherheitskonferenz -
Teilerfolg vor Gericht für Kriegsgegner

Einen Teilerfolg gegen seine polizeiliche Gewahrsamnahme während der Münchner Sicherheitskonferenz konnte ein Demonstrant am Dienstag vor Gericht verzeichnen.

Der Student Benjamin K. war nach eigener Aussage am Freitag, 6. Februar, auf dem Weg zum Nobellokal „Feinkost Käfer“, wo ein Bankett für hochrangige NATO-Militärs gegeben wurde. Eine Gruppe Demonstranten hatte im Inneren des Lokals Parolen gegen den Krieg gerufen, bevor sie vom Wachpersonal der Bundeswehr aus dem Haus gedrängt wurden. Auf eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch hatte der Geschäftsführer des Lokals aus Angst vor Publicity verzichtet.

Zusammen mit anderen NATO-Gegnern wurde K. in der Nähe des Lokals durch die berüchtigten Unterstützungskommandos der Polizei (USK) in Gewahrsam genommen. Während die anderen Festgenommenen noch am selben Abend freikamen, wurde K. am Mittag des folgenden Tages der Haftrichterin vorgeführt, die eine Fortdauer der Haft bis zum Ende der Sicherheitskonferenz anordnete. Ohne auf die konkrete Situation einzugehen, begründete die Haftrichterin diese Maßnahme damit, dass „K. mehrfach in der Vergangenheit aus gleichem Anlass als Störer aufgefallen“ sei. Erst in der Nacht auf Sonntag durfte K. das Polizeigefängnis verlassen.

„Die Anordnung der Fortdauer der Gewahrsamnahme durch das Amtsgericht war unrechtmäßig“ gab der Vorsitzende Richter der Klage des Demonstranten statt. Es habe keine hinreichend konkrete Gefahr auf weitere Tage bestanden. Zwar sei K. bei früheren Demonstrationen immer wieder aufgefallen, es gäbe jedoch keine Verurteilungen oder Taten, die ihn „als Rädelsführer kennzeichnen“.

Da keine Zeugenaussagen bestätigen konnten, dass K. den „Käfer“ betreten hatte, forderte Rechtsanwalt Jochen Ringler, die Gewahrsamnahme seines Mandanten generell für rechtswidrig zu erklären. Doch hier folgte das Gericht den Aussagen der Polizei. „Wer wegläuft, der hat ein schlechtes Gewissen“, hatte der als Zeuge geladene Zugführer des USK die Gewahrsamnahme Ks. begründet. Die Rote Hilfe hatte mit einer kleinen Kundgebung in der Nähe des Justizpalastes auf den Fall aufmerksam gemacht. „Die von der Polizei praktizierte Gesinnungshaft in Form des Unterbindungsgewahrsams ist abzuschaffen. Sie verletzt die grundlegendsten demokratischen Rechte auf Versammlungs-, Meinungs- und Bewegungsfreiheit. Offensichtlich ist es ein Instrument zur politischen Einschüchterung legitimer Protestbewegungen“, erklärte die Pressesprecherin der Münchner Roten Hilfe, Paula Schreiber, anlässlich des Prozesses.

Nick Brauns


Münchner Lokalberichte 24 vom 25. November 2004, 12.