Materialien 2005

Homogurke für den CSD München

Nur noch Trucks und Gruppen aus der „Community“ dürfen beim Gay Pride mitmachen.
So führt man den Kampf um Toleranz ad absurdum.

In Bayerns Landeshauptstadt herrscht ein neues Homo-Reinheitsgebot: Bei der 25. Münchner CSD-Parade am 9. Juli dürfen nur noch „Vereine und Unternehmen der Gay Community"“mit einem Fahrzeug oder als angemeldete Gruppe teilnehmen. Das haben die Veranstalter von Rosa Liste, Münchner Aids-Hilfe, dem Sub-Zentrum und der Lesbenberatung LeTra offiziell beschlos-
sen. Erstes Opfer der Säuberungsaktion: Der Truck des „gemischten“ Fetischclubs Kittycat, in den letzten Jahren immer dabei, darf erstmals nicht mitrollen.

Hinter der Entscheidung der Münchner CSD-Organisatoren mag die wichtige und richtige Frage stehen, wie man eine weitere Kommerzialisierung der Gay-Pride-Paraden verhindern kann. Das Signal, dass das Homo-Reinheitsgebot aussendet, ist jedoch fatal: Wer auf einer öffentlichen De-
monstration nur noch Trucks aus der Gay Community zulässt, sagt mit anderen Worten: Heteros sind bei uns unerwünscht! Den gesellschaftlichen Kampf um Toleranz und Akzeptanz führt diese Entscheidung ad absurdum. Daran ändert auch nichts der lapidare Verweis der Veranstalter, dass ja weiterhin jeder als Einzelperson mitmarschieren dürfe.

Zudem verwundert es doch sehr, dass nur beim Fetischclub Kittycat ein Exempel statuiert wurde, während die Wägen von FDP und PDS beim Münchner CSD anstandslos mitrollen dürfen. Da liegt der Verdacht nahe, dass es den Veranstaltern nur darum ging, die Parade von einigen schwarzen Schafen zu säubern, die Werbung für vermeintlich schmutzige Sexualpraktiken machen.

Die Münchner CSD-Organisatoren maßen sich damit eine Bedeutungshoheit über die „Gay Com-
munity“ an und entscheiden selbstherrlich, wer dazugehören darf und wer nicht. Die Szene sind jedoch wir alle: der politisch korrekte Berufshomo ebenso wie der transsexuelle S/M-Freund und Kittycat-Besucher, der Offene wie der Heimliche, der Freier wie der Stricher, die Bartlesbe wie die Dragqueen, die Guccihusche wie der Anarchopunk, die Bisexuelle wie die Fag Hag. Der Christo-
pher Street Day ist der Tag, an dem wir diese Vielfalt zeigen und alle einladen können, sie mit uns zu feiern.

Im Jahr 1980 sind Schwule und Lesben in München erstmals auf die Straße gegangen, weil sie sich nicht von der Gesellschaft vorschreiben lassen wollten, wie sie zu leben haben. 25 Jahre später wol-
len uns nun ausgerechnet die CSD-Veranstalter vorschreiben, welches Bild die Gay Community in der Öffentlichkeit vermitteln soll. Für ihr Homo-Reinheitsgebot haben sie die Homo-Gurke mehr als verdient.

Micha Schulze
30. Juni 2005


www.kittycatclub.de/csd-2005/csd-2005.html.

Überraschung

Jahr: 2005
Bereich: Schwule/Lesben

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