Materialien 2007
Hausdurchsuchungen im Westend
… Wir sprachen mit einer Mitarbeiterin darüber.
WN: Wie ist die Durchsuchung eurer Druckerei abgelaufen, wurde etwas beschlagnahmt?
druckwerk: Der Einsatz war völlig unverhältnismäßig. Während der Durchsuchung wurde das Tor zur Straße (die Druckerei befindet sich im Rückgebäude) geschlossen und selbst BewohnerInnen des Hauses durften nur nach Ausweiskontrollen den Hof betreten. Die Daten von fünf Computern wurden komplett kopiert, massenweise Datenträger beschlagnahmt, alle Kartons mit für Kunden gelagerten Drucksachen geöffnet, die gesamte Buchhaltung und alle Auftragsordner des letzten und dieses Jahres durchgesehen und zum Teil beschlagnahmt. Für ca. 2 Stunden, die wir (die Geschäftsführung) in der Ettstraße (Polizeipräsidium) verbrachten, waren die Beamten ohne unabhängige Zeugen „unbeaufsichtigt“ in den Räumen der Druckerei zugange. Die Behauptung der Polizei, daß wir auf eine Zeugin/einen Zeugen verzichtet hätten, ist reine Erfindung.
WN: Habt ihr Schaden aufgrund der Durchsuchung?
druckwerk: Natürlich ist so etwas in höchstem Maße geschäftsschädigend. Kunden, die ihre Drucksachen abholen wollten wurden abgewiesen, uns wurde außerdem verboten, Anrufe entgegen zu nehmen. Auf das „Angebot“ des Staatsanwaltes, dass ein Beamter ans Telefon geht und sich mit „hier spricht die Polizei“ meldet, haben wir dankend verzichtet. Für die Durchsuchung dreier randvoller Altpapiercontainer wurde eigens Verstärkung angefordert. Ca. 20 Beamte leerten diese auf dem Hof aus, durchsuchten die Haufen Schnipsel für Schnipsel und stopften anschließend die Papierreste einfach lose in die Garage, die uns als Lager dient. Es hat einen ganzen Tag gedauert wieder aufzuräumen und wir haben dabei festgestellt, daß auch gelagerte Drucksachen auf dem Boden verteilt und zerstört wurden.
WN: Welchen Ausgang des Ermittlungsverfahrens gegen euch erwartet ihr?
druckwerk: Vor knapp zwei Jahren gab es bei uns im Vorfeld einer Gegendemonstration gegen einen Naziaufmarsch eine Hausdurchsuchung unter demselben Vorwurf. Damals hatten wir einen Aufkleber gedruckt, der „einen stilisierten Molotowcocktailwerfer“ – so stand es in dem Durchsuchungsbefehl – zeigt, mit einem Spruch gegen Nazis. Das Verfahren wurde eingestellt und wir bekamen vom Gericht Schadenersatz zugesprochen. Es ist anzunehmen, daß dieses Verfahren ebenso endet, allerdings wird unsere Rechnung diesmal höher ausfallen.
WN: Wie bewertet ihr das Vorgehen der Behörden?
druckwerk: Diese Maßnahmen entbehren jeglicher demokratischer Grundlage. Wir sollen zur Zensurstelle gemacht werden und dagegen beziehen wir ganz entschieden Stellung. Nicht nur, dass es uns wohl kaum möglich wäre zu beurteilen, welche Inhalte strafbar sein könnten, betrachten wir dies auch nicht als unsere Aufgabe. Wir teilen voll und ganz den Standpunkt der Basis Buchhandlung, die in ihrer Pressemitteilung schreibt „… wir InhaberInnen der Basis [betrachten] den Übergriff der Polizei – der Behörden – des Staates – als Grundgesetz widrig und Proteste, die sich gegen die fortgesetzte Militarisierung unserer Gesellschaft wenden als lebensnotwendig.“
Westend Nachrichten. Stadtteilzeitung für das Westend und die Schwanthalerhöh’ 128 vom Februar 2007, 2 f.